Ein Ehepaar war gemeinsamer Inhaber eines Internetanschlusses. Über diesen Anschluss wurde ein Musikalbum mittels einer sog. Filesharing-Software in einer Internet-Tauschbörse anderen Personen zum Herunterladen angeboten. Der Tonträgerhersteller, dem die ausschließlichen Verwertungsrechte an den auf dem Musikalbum enthaltenen Musiktiteln zustand, mahnte die Eheleute daraufhin ab. Diese gaben eine entsprechende Unterlassungserklärung ab, verweigerten jedoch die Zahlung von Schadenersatz und Rechtsanwaltskosten. Sie verwiesen darauf, dass sie selbst ihren Anschluss während der maßgeblichen Zeit nicht genutzt hätten; sie wüssten zwar, dass eines ihrer Kinder den Anschluss genutzt habe, wollten aber nicht offenbaren, welches Kind das war, um es nicht zu belasten.
Das Landgericht verurteilte die Eheleute zur Zahlung von Schadenersatz und zur Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten wegen der Urheberrechtsverletzung. Berufung und Revision der Eheleute blieben erfolglos.
Auch die daraufhin erhobene Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht hatte keinen Erfolg.
Besonderer Schutz der Familie
Zwar liege ein Eingriff in das Grundrecht auf Achtung des Familienlebens vor, der die Familie unter den besonderen Schutz des Staates stelle und auch das Verhältnis zwischen Eltern und ihren volljährigen Kindern umfasse. Familienmitglieder seien berechtigt, ihre Gemeinschaft nach innen in familiärer Verantwortung und Rücksicht frei zu gestalten. Gleichwohl dürfe dem Ehepaar im Rahmen der Haftung für einen Urheberrechtsverstoß ein Tatsachenvortrag abverlangt werden, der das Verhalten ihrer volljährigen Kinder betreffe und den Schutzbereich der vom Grundgesetz innerfamiliär geschützten Beziehung beeinträchtige.
Aufdeckung der Täterschaft verletzt nicht die familiären Grundrechte
Das Bundesverfassungsgericht räumte auch dem Inhaber der Urheberrechte einen besonderen Schutz ein. Daher müssten die Anschlussinhaber zur Entkräftung der Vermutung für ihre eigene Täterschaft als Anschlussinhaber ihre Kenntnisse über die Umstände einer evtl. Verletzungshandlung mitteilen und auch aufdecken, welches ihrer Kinder die Verletzungshandlung begangen hat, sofern sie davon Kenntnis haben.
Zwar kenne das Zivilprozessrecht den Schutz vor Selbstbezichtigungen. Daher findet die Wahrheitspflicht einer Partei dort ihre Grenzen, wo sie gezwungen sei, etwa eine von ihr selbst begangene strafbare Handlung zu offenbaren. Entsprechendes gelte, wenn es um Belastungen von nahen Angehörigen gehe. Diesen grundgesetzlich gegen einen Zwang zur Selbstbezichtigung geschützten Beteiligten könne aber das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung auferlegt werden. Ein weiterer Schutz sei verfassungsrechtlich nicht geboten. Denn Familienangehörige müssen sich nicht gegenseitig belasten, wenn der konkret Handelnde nicht ermittelbar ist. Vielmehr tragen sie lediglich das Risiko einer für sie ungünstigen Tatsachenwürdigung, wenn sie die Darlegungsanforderungen nicht erfüllen.
Der Schutz der Familie diene nicht dazu, sich aus taktischen Erwägungen der eigenen Haftung für die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums Dritter (hier: Tonträgerhersteller) zu entziehen. Der bloße Umstand, mit anderen Familienmitgliedern zusammenzuleben, führt nicht automatisch zum Wegfall der Haftung für einen Urheberrechtsverstoß zugunsten des Anschlussinhabers.