RICHARD BOORBERG VERLAG

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13.01.2021
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 13.01.2021, 3 U 47/20

Widerruf eines Autokreditvertrags

    

Ein Darlehensvertrag kann von einem Verbraucher auch drei Jahre nach Vertragsschluss noch widerrufen werden, wenn die Widerrufsbelehrung bei Abschluss des Darlehensvertrags durch eine unzulässige Bezugnahme und Überweisung weiterer Vorschriften nicht ausreichend klar und verständlich war (OLG Celle).

Ein Mann kaufte sich im Jahr 2016 einen Pkw VW Passat. Zur Finanzierung des Fahrzeugs schloss er mit der Bank des Herstellers einen Kreditvertrag. Bei Abschluss dieses Darlehensvertrags wurde er auf sein Recht hingewiesen, diesen Vertrag innerhalb von 14 Tagen zu widerrufen; diese Frist sollte nach der überreichten Widerrufsbelehrung erst beginnen, nachdem er »alle Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB« erhalten hatte.

Mehr als drei Jahre später, im Juni 2019, widerrief der Darlehensnehmer den Darlehensvertrag. Obwohl zwischen Vertragsschluss und Widerruf rund drei Jahre lagen, sei der Widerruf nach Auffassung des Kreditnehmers wegen mangelhafter Belehrung über sein Widerrufsrecht im Jahr 2016 auch jetzt noch möglich.

Beim Oberlandesgericht Celle hatte die Klage Erfolg.

Widerrufsrecht

Gewerbliche Kreditgeber, insbesondere Banken, sind gesetzlich verpflichtet, Verbraucher bei der Einräumung von Darlehen ordnungsgemäß über deren Widerrufsrecht zu belehren. Ist diese Belehrung unvollständig oder unterbleibt sie ganz, kann der Darlehensvertrag grundsätzlich zeitlich unbefristet, also nicht nur innerhalb des eigentlich vorgesehenen Zeitraums von 14 Tagen, sondern noch nach Jahren vom Verbraucher widerrufen werden.

Im vorliegenden Fall hatte sich der Darlehensnehmer hierauf berufen. Auch die Richter beim OLG Celle sahen dies so, denn die Bank habe ihren Kunden im Jahr 2016 nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt.

Die Passage in der Widerrufsbelehrung, in der auf § 492 Abs. 2 BGB und die dort enthaltene Verweisung auf weitere Vorschriften Bezug genommen worden war, war nach Einschätzung des Gerichts nicht ausreichend klar und verständlich. Die Formulierung »die Frist beginnt [. . .] nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat« entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen, so die Richter.

Zwar könne auch eine solche Widerrufsbelehrung ausnahmsweise noch wirksam sein, wenn sich die Bank bei der Formulierung der Widerrufsbelehrung strikt an das damalige gesetzliche Muster für Widerrufsbelehrung gehalten hätte. Dies war hier allerdings nicht der Fall: Die Bank hatte den unnötigen Hinweis in die Widerrufsbelehrung aufgenommen, dass der Darlehensnehmer im Fall des Widerrufs auch an »die Restschuldversicherung nicht mehr gebunden ist«; der Darlehensnehmer hatte im konkreten Fall jedoch überhaupt keine Restschuldversicherung abgeschlossen.

Dieser zusätzliche Hinweis führe – so das Gericht – dazu, dass die Widerrufsbelehrung insgesamt missverständlich und damit unwirksam sei.

Deshalb sei die Widerrufsfrist von 14 Tagen nicht in Gang gesetzt worden und der Widerruf auch noch nach drei Jahren wirksam.

Abwicklung

Gegen Übergabe des Fahrzeugs an die Bank kann der Darlehensnehmer nunmehr die Rückzahlung der bereits gezahlten Darlehensraten verlangen.

Autoren:
Klaus Krohn