RICHARD BOORBERG VERLAG

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27.03.2019
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 27.03.2019, BVerwG 6 C 2.18

Videoüberwachung in der Zahnarztpraxis

  

Die Videoüberwachung in einer Zahnarztpraxis, die ungehindert betreten werden kann, unterliegt strengen Anforderungen an die datenschutzrechtliche Erforderlichkeit (BVerwG).

Die Praxis einer Zahnärztin konnte durch Öffnen der Eingangstür ungehindert betreten werden. Der Empfangstresen war nicht regelmäßig besetzt. Die Zahnärztin hatte oberhalb dieses Tresens eine Videokamera anbringen lassen. Die dort aufgenommenen Bilder konnten in Echtzeit auf Monitoren angesehen werden, die die Zahnärztin in Behandlungszimmern aufgestellt hatte (Kamera-Monitor-System). Die Landesdatenschutzbeauftragte gab der Zahnärztin auf, die Videokamera so auszurichten, dass der den Patienten oder sonstigen Besuchern zugängliche Bereich vor dem Empfangstresen, der Flur zwischen Tresen und Eingangstür sowie das Wartezimmer nicht mehr erfasst würden. Dies wollte die Zahnärztin nicht hinnehmen und klagte gegen die Auflage. Beim Bundesverwaltungsgericht hatte ihre Klage jedoch keinen Erfolg.

Keine Geltung der Datenschutzgrundverordnung

Zunächst verwies das Bundesverwaltungsgericht darauf, dass die seit 25. 05. 2018 in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union unmittelbar geltende Datenschutzgrundverordnung keine Anwendung auf datenschutzrechtliche Anordnungen finde, die – wie hier – vor diesem Zeitpunkt erlassen worden seien. Entscheidungen, die vor diesem Stichtag getroffen wurden, werden nicht nachträglich an diesem neuen unionsrechtlichen Regelungswerk gemessen. Gleichwohl gebe es auch für die Zeit vor der Datenschutzgrundverordnung einschlägige Rechtsvorschriften für den vorliegenden Fall.

Wahrnehmung berechtigter Interessen erforderlich

Die Richter verwiesen darauf, dass der Gesetzgeber die Zulässigkeit der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (etwa Videoüberwachung) bereits früher im Bundesdatenschutzgesetz auch für private Betreiber abschließend geregelt hatte.

Hiernach setzt die Beobachtung durch ein Kamera-Monitor-System auch ohne Speicherung der Bilder voraus, dass diese einerseits zur Wahrnehmung berechtigter Interessen des Privaten erforderlich ist und andererseits die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen nicht überwiegen. Im vorliegenden Fall hatte die Zahnärztin nicht darlegen können, dass sie für den Betrieb ihrer Praxis auf die Videoüberwachung angewiesen war. Es bestanden keine tatsächlichen Anhaltspunkte, die ihre Befürchtung, Personen könnten ihre Praxis betreten, um dort Straftaten zu begehen, berechtigt erscheinen ließen. Die Videoüberwachung sei im Übrigen nicht notwendig, um etwa Patienten, die nach der Behandlung aus medizinischen Gründen noch einige Zeit im Wartezimmer sitzen, in evtl. Notfällen betreuen zu können. Hier sei zumutbar den Betriebsablauf so zu organisieren, dass das Praxispersonal solche Patienten noch eine Zeitlang beobachtet.

Somit war die Videoüberwachung in der Zahnarztpraxis unrechtmäßig und die Kamera daher zu entfernen.

Autoren:
Klaus Krohn