Eine tschechische Reisegruppe buchte bei einem Luftfahrtunternehmen einen Flug von Prag über Abu Dhabi (Vereinigte Arabische Emirate) nach Bangkok (Thailand). Der erste Teilflug des Flugs mit Umsteigen wurde von einer tschechischen Fluglinie durchgeführt. Die Ankunft in Abu Dhabi war entsprechend dem Flugplan pünktlich. Dagegen war der zweite Teilflug, der im Rahmen einer Codesharing-Vereinbarung von Etihad Airways, einem Luftfahrtunternehmen von außerhalb der EU, durchgeführt wurde und von Abu Dhabi nach Bangkok ging, bei der Ankunft fast 8 Stunden verspätet.
Die Reisegruppe erhob bei den tschechischen Gerichten Klage gegen die tschechische Luftfahrtgesellschaft auf Ausgleichszahlung in Höhe von 600 € pro Reisenden. Dies lehnte die Airline mit dem Hinweis ab, dass sie für die Verspätung des Flugs von Abu Dhabi nach Bangkok nicht hafte, da dieser Flug von einem anderen Luftfahrtunternehmen durchgeführt worden sei.
Das tschechische Gericht sah EU-Recht betroffen und legte dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vor, ob die tschechische Fluglinie zur Zahlung des Ausgleichs nach der Verordnung über Fluggastrechte verpflichtet sei.
EU-Fluggastrechteverordnung anwendbar
Bei gravierenden Verspätungen (mehr als 3 Stunden) oder Annullierung eines Flugs stehen den betroffenen Fluggästen Ausgleichsansprüche gegen die Fluggesellschaft nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu. Die Ausgleichszahlungen sind nach der Entfernung zwischen Startflughafen und Zielflughafen bemessen und betragen zwischen 250 und 600 €. Die EU-Vorschrift ist allerdings nicht anwendbar, wenn weder der Startflughafen noch der Zielflughafen im EU-Gebiet liegt.
Im vorliegenden Fall stellte sich somit die Situation, dass die entscheidende Verspätung sich bei einem Flug von Abu Dhabi nach Bangkok eingestellt hatte, also bei einem Flug von einem Drittstaat in einen Drittstaat.
Der EuGH war jedoch der Auffassung, dass die gesamte Reise als ein einziger Flug mit Abflugort Prag, also in der EU, anzusehen sei. Die Flugreise sei aufgrund einer einzigen Buchung erfolgt, unabhängig davon, wie oft die Fluggäste umsteigen mussten. Damit falle ein Flug mit Umsteigen, dessen erster Teilflug im Gebiet eines EU-Mitgliedstaats starte, in den Anwendungsbereich der Fluggastrechteverordnung, selbst wenn der zweite Teilflug mit Abflug- und Zielort jeweils in einem Drittstaat außerhalb der Europäischen Union durchgeführt werde.
Airline des ersten Teilflugs haftet für Verspätung des zweiten Teilflugs
Zur Frage, ob die tschechische Fluggesellschaft, die den ersten Teilflug mit Umsteigen durchgeführt hatte, zur Zahlung des Ausgleichs verpflichtet war, obwohl die große Verspätung durch die zweite Fluggesellschaft verschuldet worden war, stellte der EuGH fest: Nach der Fluggastrechteverordnung ist zur Zahlung des Ausgleichsanspruchs ausschließlich das ausführende Luftfahrtunternehmen verpflichtet. Da die tschechische Fluggesellschaft im vorliegenden Fall im Rahmen eines mit den Fluggästen geschlossenen Beförderungsvertrags tatsächlich einen Flug durchgeführt habe, könne sie als ausführendes Luftfahrtunternehmen eingestuft werden. Denn auch hier gelte, dass die Reise Gegenstand einer einzigen Buchung war, sodass sich das tschechische Luftfahrtunternehmen wegen mangelhafter Durchführung eines späteren Teilflugs nicht seiner Haftung entziehen könne. Somit konnten die Fluggäste ihre Ausgleichsansprüche von der tschechischen Fluggesellschaft einfordern.