RICHARD BOORBERG VERLAG

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16.10.2020
Oberlandesgericht Karlsruhe , Urteil vom 16.10.2020, 10 U 3/20

Verkaufsmitarbeiter im Autohaus darf Bargeld entgegennehmen

  

Verkaufsmitarbeiter in einem Autohaus sind grundsätzlich zur Entgegennahme von Barzahlungen bevollmächtigt (OLG Karlsruhe).

Ein Mann bestellte in einem Autohaus einen Pkw mit Sonderausstattung für 90 000 €. Während der Verkaufsberatungen und bei der Bestellung hatte der Käufer stets mit dem Angestellten A des Autohauses zu tun. An diesen zahlte er nach Kaufvertragsabschluss im März 2018 eine Anzahlung in Höhe von 20 000 €, am 18. 10. 2018 weitere 46 000 € sowie am 22. 10. 2018 restliche 24 000 €, jeweils in bar. Sämtliche Teilzahlungen quittierte der A dem Käufer; er führte die Geldbeträge jedoch nicht an den Inhaber des Autohauses ab, sondern behielt sie für sich.
Kurz nach Übergabe des Fahrzeugs tauchte der wegen Betruges und Unterschlagung vorbestrafte Angestellte A des Autohauses unter, woraufhin der Inhaber des Autohauses gegenüber dem Käufer den Rücktritt vom Kaufvertrag wegen Nichtzahlung des Kaufpreises erklärte. Er machte geltend, dass er von dem angeblich gezahlten Kaufpreis keinen Cent gesehen habe; er müsse sich das strafrechtliche Verhalten seines früheren Angestellten A nicht zurechnen lassen, weil dieser nicht zum Empfang von Barzahlungen berechtigt gewesen sei.
Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah dies jedoch anders und lehnte einen Rückabwicklungsanspruch des Autohauses ab. Es könne nicht wirksam von dem mit dem Käufer geschlossenen Kaufvertrag zurücktreten, da kein Rücktrittsgrund vorliege. Denn der Käufer habe durch Barzahlungen in Höhe von insgesamt 90 000 € den Kaufpreis wirksam und vollständig an das Autohaus, in Gestalt des früheren Angestellten A, geleistet.

Zahlung an Mitarbeiter des Autohauses wirksam

Der Betreiber des Autohauses musste sich die Barzahlungen und die Annahme der Gelder durch seinen Mitarbeiter A als Begleichung des Kaufpreises zurechnen lassen.
Die Empfangsvollmacht des Mitarbeiters für das Autohaus ergab sich aus § 56 HGB. Danach gilt, wer in einem Laden angestellt ist, als ermächtigt zu Verkäufen und Empfangnahmen, die in einem derartigen Laden gewöhnlich geschehen.
Der A war im Autohaus als Verkäufer angestellt. Im Autohandel sind Barzahlungen auch über höhere Summen generell nicht ungewöhnlich. Der Käufer musste bei den Barzahlungen nicht den Verdacht hegen, dass der Mitarbeiter A die Beträge für sich vereinnahmt und nicht an das Autohaus weiterleitet.
Ohnehin habe der Käufer nicht das Unterschlagungsrisiko des Autohauses durch einen Mitarbeiter zu tragen. Denn der Angestellte, der dem Käufer namens des Autohauses gegenübertritt, ist von diesem im Allgemeinen nicht ausgesucht und bewusst ausgewählt worden.
Damit war der Verkaufsmitarbeiter A grundsätzlich zur Entgegennahme von Barzahlungen bevollmächtigt. Die Zahlungen, die A quittiert hatte, hatten damit Erfüllungswirkung gegenüber dem Inhaber des Autohauses; dieser konnte daher nicht vom Kaufvertrag zurücktreten.

Autoren:
Klaus Krohn