Eine Ehefrau unterhielt bei einer Versicherungsgesellschaft eine Pflegetagegeldversicherung für den Fall einer Schwerstpflegebedürftigkeit (damals: Pflegestufe III jetzt: Pflegegrad V). In den Allgemeinen Versicherungsbedingungen hieß es u. a.: »Wird der Antrag nach Ablauf des Monats gestellt, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, ist der Leistungsanspruch vom Beginn des Monats der Antragstellung gegeben. Bei einer unverschuldet verspäteten Anzeige des Versicherungsfalls werden die Leistungen jedoch rückwirkend erbracht.«
Der Ehemann besaß eine Vorsorgevollmacht für seine Ehefrau. Diese erlitt im August 2012 einen schweren Schlaganfall mit halbseitiger Lähmung, vollständigem Verlust der Sprachfähigkeit und erheblichen Beeinträchtigungen des Erinnerungsvermögens. Im April 2013 erhielt sie die Pflegestufe III. Erst im Februar 2015 entdeckte der Ehemann den Versicherungsvertrag. Er beantragte daher eine rückwirkende Leistungserbringung ab April 2013, was die Versicherungsgesellschaft ablehnte.
Verspätete Anzeige des Schadensfalls war unverschuldet
Die Versicherungsgesellschaft habe die rückwirkende Leistung zu Unrecht versagt, so das Gericht. Sie könne sich nicht auf eine verspätete Anzeige des Versicherungsfalls gemäß ihres Kleingedruckten berufen. Denn die verspätete Anzeige durch den Ehemann sei hier unverschuldet gewesen.
Grundsätzlich müsse der Versicherungsnehmer selbst den Versicherungsfall anzeigen. Dies sei hier die Ehefrau gewesen, der allerdings aufgrund der gesundheitlichen Folgen des Schlaganfalls weder die eigene Anzeige noch eine Information ihres Ehemanns über das Bestehen des Versicherungsvertrags möglich gewesen sei. Sie habe auch nicht etwa im Sinne einer »vorausschauenden Verhaltenspflicht« ihren Ehemann frühzeitig über das Bestehen der Versicherungspolice informieren müssen. Eine solche »Vorsorgeobliegenheit « existiere nicht.
Der Ehemann selbst habe ebensowenig schuldhaft eine frühere Anzeige des Versicherungsfalls unterlassen. Denn er habe vielmehr unverschuldet keine Kenntnis vom Bestehen des Versicherungsvertrags gehabt. Die ihm bekannten monatlichen Abbuchungen der Versicherungsbeiträge in Höhe von 20 €/Monat hätten keinen Anlass geboten, vom Bestehen einer derartigen Versicherungspolice auszugehen. Aus dem Buchungstext habe sich zwar ergeben, dass irgendein Versicherungsvertrag für die Ehefrau bestanden habe, nicht jedoch sei ersichtlich gewesen, um welche Art Versicherung es sich hierbei handelte.
Daher sei die Versicherungsgesellschaft verpflichtet, das Pflegetagegeld rückwirkend bis zur Zuerkennung der Pflegestufe III, also für knapp zwei Jahre, auszuzahlen.