Frau A und Herr H heirateten im August 2017. Die Ehe war von den Eltern der Beteiligten, die indischen kulturellen Hintergrund hatten, arrangiert worden. Zum Zeitpunkt der Heirat lebte Frau A im Haushalt ihrer Eltern in Deutschland und arbeitete bei einer Bank. Ihr Ehemann arbeitete in Paris als Wertpapierhändler. Nach der Eheschließung fanden an den Wochenenden regelmäßige gemeinsame Übernachtungen ohne sexuelle Kontakte statt. Es war geplant, dass die Ehefrau sich nach Paris versetzen ließ und die Ehepartner dort gemeinsam leben würden. Die Eheleute verfügten über kein gemeinsames Konto und verbrauchten ihre Einkünfte jeweils für sich selbst.
Nach einer Aussprache im August 2018 trennten sich die Parteien. Frau A reichte einen Scheidungsantrag ein; das Scheidungsverfahren ist noch anhängig.
Sie verlangte gleichzeitig Trennungsunterhalt, da ihr Ehemann deutlich mehr verdiene als sie. Im Übrigen hätten sie »ein ganz normales Eheleben« geführt.
Das Amtsgericht lehnte den Antrag auf Trennungsunterhalt ab, anders jedoch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main.
Trennungsunterhalt
Leben die Ehegatten getrennt, so kann ein Ehegatte von dem anderen einen angemessenen Unterhalt verlangen. Dieser besteht im Allgemeinen in Höhe der Hälfte der Differenz der Nettoeinkommen der Ehegatten. Für den Anspruch auf Trennungsunterhalt reicht der formale Bestand einer Ehe aus.
Nach Auffassung des Gerichts stand der Ehefrau hier Trennungsunterhalt zu. Denn der Anspruch setze weder voraus, dass die Beteiligten vor der Trennung zusammengezogen seien oder zusammen gelebt hätten noch dass es zu einer Verflechtung der wechselseitigen Lebenspositionen und zu einer inhaltlichen Verwirklichung der Lebensgemeinschaft gekommen sei. Es ist nach Überzeugung der Richter also nicht entscheidend, ob die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft jemals aufgenommen haben oder ob dies geplant war.
Der Unterhaltsanspruch während bestehender Ehe setze im Übrigen auch nicht voraus, dass die Eheleute sich eine Zeit lang wirtschaftlich aufeinander eingestellt hatten, also eine wirtschaftliche Einheit vorlag oder ob sie von vornherein aus getrennten Kassen gelebt haben.
Da der Anspruch auf Trennungsunterhalt kraft Gesetzes nicht durch eine Vereinbarung zwischen den Eheleuten beschränkt werden dürfe, könne er auch nicht durch ein Verhalten der Beteiligten für die Zukunft eingeschränkt werden.
Keine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs
Ausnahmsweise könne ein Trennungsunterhaltsanspruch zwar ausscheiden, etwa wenn Eheleute unmittelbar nach der Eheschließung von vornherein beabsichtigen, keine eheliche Lebensgemeinschaft aufzunehmen. Dieser Grund lag hier nicht vor, denn die Parteien hatten vielmehr geplant, dass die Ehefrau sich einige Zeit später nach Paris versetzen lassen würde, um dort ein gemeinsames Eheleben zu führen.
Selbst die nur kurze Ehedauer reiche für den Wegfall des Unterhaltsanspruchs nicht aus. Denn es liege hier keine »nur kurze Ehedauer« vor, da zwischen Heirat und Scheidungsantrag ein Jahr lag und darüber hinaus die Ehe bis zur rechtskräftigen Scheidung fortdauert.
Somit stand der Ehefrau bis zum rechtskräftigen Abschluss des Scheidungsverfahrens Trennungsunterhalt in Höhe der Hälfte der Einkommensdifferenz zu.