RICHARD BOORBERG VERLAG

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10.04.2019
Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.04.2019 , VIII ZR 50/18

Stromlieferung muss auch ohne Girokonto möglich sein

  

Ein von einem Energieversorger im Internet angebotener Bestellvorgang auf Abschluss eines Stromlieferungsvertrags mit einem Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung, in dem der potentielle Kunde ausschließlich – ohne dass ihm zuvor weitere Zahlungsmöglichkeiten angeboten worden sind – die Zahlung per Bankeinzug wählen und die Bestellung ohne Eintragung der Kontodaten nicht fortführen kann, ist rechtswidrig.

Ein Energieversorgungsunternehmen bot Verbrauchern auch über Preisvergleichsportale im Internet Stromlieferungsverträge an. Den Bestellvorgang hatte der Energieversorger so gestaltet, dass ein Interessent ausschließlich die Zahlung per Bankeinzug auswählen konnte; ohne Eintragung der Kontodaten in die hierfür vorgesehenen Felder konnte der Bestellvorgang nicht fortgeführt werden.

Der Energieversorger verwies darauf, dass es ausreiche, wenn er dem Kunden erst nach Abgabe der Bestellung, aber noch vor Vertragsschluss, weitere Zahlungsmöglichkeiten anbiete, denn der Vertrag komme formal erst mit der Annahme des Kundenantrags durch den Stromversorger zustande.

Gegen diese Praxis klagte ein Verbraucherschutzverband.

Der Bundesgerichtshof teilte die Auffassung der Verbraucherschützer und verpflichtete den Energieversorger, verschiedene Zahlungsmöglichkeiten anzubieten.

Energiewirtschaftsgesetz

Für Verträge über die Belieferung von Haushaltskunden mit Energie außerhalb der Grundversorgung sieht § 41 Abs. 2 S. 1 EnWG vor, dass dem Haushaltskunden vor Vertragsschluss »verschiedene Zahlungsmöglichkeiten« anzubieten sind. Ähnlich wie bei der Energieversorgung mit Gas – so der Bundesgerichtshof – müsse dem Kunden ein breites Spektrum an Zahlungsmöglichkeiten angeboten werden, also mindestens drei verschiedene Zahlungswege.

Hier habe der Kunde vor Vertragsschluss faktisch nur eine einzige Zahlungsmöglichkeit, nämlich das Bankeinzugsverfahren (Lastschrifteinzug), das in dem standardisierten Online-Angebotsmuster des Energieversorgers allein vorgesehen war und dessen sich der Verbraucher bedienen musste, um überhaupt eine Bestellung aufgeben zu können.

Dies sei aber eine Diskriminierung, weil es bestimmte Verbrauchergruppen von der Wahrnehmung des Online-Angebots völlig ausschließe, nämlich die Kunden, die über kein Bankkonto verfügten und daher nicht per Lastschrift zahlen konnten. Aber auch Kunden, die zwar ein Bankkonto aufwiesen, aber nicht per Lastschrift zahlen wollten, weil sie eine ausreichende Kontodeckung zum jeweiligen Abbuchungstermin nicht sicherstellen konnten.

Wahlmöglichkeit erst nach Bestellung ist nicht ausreichend

Der Hinweis des Energieversorgers, eine Wahlmöglichkeit erst nach der Bestellung reiche aus, überzeugte die BGH-Richter keineswegs. Denn die beschriebenen Kunden, die vom Online-Angebot von vornherein ausgeschlossen seien, könnten von einem erst nach der Bestellung eingeräumten Wahlrecht keine Kenntnis erlangen. Eine effektive Wahlmöglichkeit gebe es daher ausschließlich dann, wenn der Kunde über die verschiedenen Zahlungswege bereits während des Bestellvorgangs informiert würde.

Autoren:
Klaus Krohn