RICHARD BOORBERG VERLAG

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27.10.2021
Landgericht München, Urteil vom 27.10.2021, 40 O 590/21

Schutzvorschriften umgangen: „Cash & Drive“- Angebot ist nichtig

          

Das Vertragsmodell „Cash & Drive“ eines Pfandleihhauses ist nichtig, denn es handelt sich faktisch um ein Darlehen mit Sicherungsübereignung. Dafür fehlt es dem Pfandleihhaus aber an einer Banklizenz. Die Richter sahen darüber hinaus in dem Vorgehen ein „verschleiertes Pfandleihgeschäft“, das eingesetzt werde, um die verbraucherschützenden Vorschriften der Pfandleihverordnung zu umgehen.

Die Betreiberin eines staatlich zugelassenen Pfandleihhauses, das online angebunden und bundesweit tätig ist, bot einen Service namens „Cash & Drive“ an. Im Rahmen dieses Angebots erhielt der Kunde für sein Fahrzeug eine Geldsumme. Anders als im Pfandhaus, wurde es bei diesem Modell dem Kunden ermöglicht, das Fahrzeug gegen einen monatlichen Betrag weiter zu nutzen.

Am 12. Januar 2019 suchte ein Mann in Geldnot eine Niederlassung der Betreiberin in München auf. Dort unterzeichnete er zwei Verträge. Mit dem ersten Vertrag verkaufte er sein Fahrzeug an das Pfandleihhaus zu einem Preis von 7.500 €, mit dem zweiten Vertrag mietete er das Fahrzeug für sechs Monate zu einem Mietzins in Höhe von 637,50 € wieder zurück.

Pfandleihhaus ließ Fahrzeug von der Polizei sicherstellen

In den folgenden sechs Monaten kam der Mann seinen Zahlungsverpflichtungen nach. Nach Ablauf der Mietzeit ließ die Betreiberin des Pfandleihhauses das Fahrzeug polizeilich sicherstellen. Sie übertrug daraufhin das Fahrzeug einem Fahrzeughändler zum Weiterverkauf. Im gerichtlichen Eilverfahren erwirkte der Kraftfahrzeughalter sodann erfolgreich, dass ihm das Fahrzeug zurückgegeben wurde. Trotz bereits vollzogener Rückgabe verlangte der Kraftfahrzeughalter im Klageweg die Feststellung, dass die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge nichtig sind. Daneben forderte er die Herausgabe des Zweitschlüssels und der Zulassungsbescheinigung Teil II sowie Erstattung der geleisteten Zahlungen. Die Betreiberin forderte – im Falle einer erfolgreichen Klage – die Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises im Wege der Aufrechnung.

„Cash & Drive“ ist Darlehen – Pfandleihhaus hat dafür keine Lizenz

Das Landgericht München gab der Klage statt.1 Die geschlossenen Verträge seien zwar mit Kauf- und Mietvertrag überschrieben. Die vertragliche Konstruktion käme aber inhaltlich einem Darlehen mit einer Sicherungsübereignung gleich. Bei der Sicherungsübereignung wird eine Darlehenssumme ausgezahlt und zur Absicherung dieser Forderung das Eigentum an einer beweglichen Sache – in diesem Fall einem Fahrzeug – übertragen. Kommt es zu einem Zahlungsausfall, kann der Darlehensgeber das zur Sicherheit übertragene Fahrzeug verkaufen und seine Forderung mit dem Erlös begleichen. Die Betreiberin des Pfandleihhauses habe aber kein Darlehen ausgeben dürfen, da es ihr an einer Banklizenz fehle.

Umgehung von verbraucherschützenden Vorschriften

Darüber hinaus habe das Pfandleihhaus durch die Verträge ein „verschleiertes Pfandleihgeschäft“ abgeschlossen, so die Richter. Dadurch würden die Vorschriften der Pfandleihverordnung bewusst umgangen. Der daraus resultierende Gesetzesverstoß führt zur Nichtigkeit der Verträge. Weil das Pfandleihhaus bewusst diese Gesetze umgangen habe, käme die geforderte Rückzahlung des Kaufpreises nicht in Betracht.

Autoren:
Anna Kristina Bückmann