RICHARD BOORBERG VERLAG

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05.03..2021
Landgericht Freiburg , Urteil vom 05.03..2021, 3 S 138/20

Rückzahlungsanspruch nach Reiseabsage des Reiseveranstalters wegen Covid-19-Pandemie

   

Der Reiseveranstalter ist bei einer eigenen Reiseabsage wegen der Corona-Pandemie verpflichtet, die geleistete Anzahlung des Pauschalreisenden zurückzuzahlen. Der Reisende ist nicht verpflichtet, einen vom Reiseveranstalter angebotenen Gutschein zu akzeptieren (LG Freiburg).

Ein Mann buchte für sich und seine Familie eine Pauschalreise nach Namibia vom 30. 04. 2020 bis 22. 05. 2020 bei einem Reiseveranstalter. Auf die Rechnung des Veranstalters vom 27. 02. 2020 leistete er eine Anzahlung in Höhe von 4 900 €. Am 27. 03. 2020 sagte der Reiseveranstalter die Reise wegen der weltweiten Reisewarnung aufgrund der Covid-19-Pandemie und dem vorübergehenden Einreisestopp in Namibia ab. Gleichzeitig teilte der Reiseveranstalter mit, dass eine Rückzahlung der Anzahlung nicht erfolge, jedoch eine kostenlose Umbuchung oder ein Gutschein angeboten werde.

Dies lehnte der Kunde ab und verlangte die Rückzahlung seiner geleisteten Anzahlung.

Beim Landgericht Freiburg hatte die Klage Erfolg

Zulässige Absage der Pauschalreise

Der Reiseveranstalter kann vor Reisebeginn beispielsweise dann vom Reisevertrag zurücktreten, wenn er aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände an der Erfüllung des Vertrags gehindert ist; in diesem Fall hat er den Rücktritt unverzüglich nach Kenntnis von dem Rücktrittsgrund zu erklären (§ 651 h Abs. 5 BGB).

Dies war hier fraglos der Fall: Es handelte sich um eine Pauschalreise, die der Reiseveranstalter aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie absagen durfte, da insoweit unzweifelhaft unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände im Sinne dieser Vorschrift vorlagen. Wenn der Reiseveranstalter infolge eines Rücktritts zur Rückerstattung des Reisepreises verpflichtet ist, hat er diese unverzüglich, auf jeden Fall aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt zu leisten.

Gutscheinregelung

Eine Verpflichtung des Familienvaters, statt einer Erstattung der geleisteten Anzahlung den vom Reiseveranstalter angebotenen Gutschein anzunehmen, bestand nach Auffassung des Landgerichts jedoch nicht.

Da der Reisevertrag hier vor dem 08. 03. 2020 geschlossen worden war, kam Art. 240 § 6 EGBGB zur Anwendung. Diese besagt:

»Tritt der Reisende oder der Reiseveranstalter wegen der COVID-19-Pandemie nach § 651 h Absatz 1, 3 und 4 Satz 1 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs von einem Pauschalreisevertrag zurück, der vor dem 08. 03. 2020 geschlossen wurde, so kann der Reiseveranstalter dem Reisenden statt der Rückerstattung des Reisepreises einen Reisegutschein anbieten. . . . Der Reisende hat die Wahl, ob er das Angebot des Reiseveranstalters annimmt oder sein Recht auf Rückerstattung des Reisepreises ausübt. Auf dieses Wahlrecht hat der Reiseveranstalter ihn bei seinem Angebot hinzuweisen.«

Zwar sei es möglich, dass eine von den Reisevertragsparteien als abschließend gemeinte Regelung aufgrund einer Störung nachträglich die sog. Geschäftsgrundlage des Vertrags entfallen lasse; diese Fallkonstellation sei hier jedoch zu verneinen. Dass eine Epidemie das Vorliegen eines unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstands darstelle, ergebe sich bereits aus der EU-Pauschalreise-Richtlinie, die den Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel gerade als Beispiel für das Vorliegen eines solchen Ereignisses nenne.

Da die Regelung im deutschen Recht (§ 651 a BGB) die Vorgaben der EU-Pauschalreise- Richtlinie exakt wiedergebe, bestehe auch keine Veranlassung, den vorliegenden Rechtsstreit dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen.

Autoren:
Klaus Krohn