Eine Mutter hatte von einem Ponyhof ein Pony für ihre fünfjährige Tochter ausgeliehen. Mit der Tochter im Sattel führte die Frau das Tier an einem Führstrick vom Hof in den Wald. Den Dreien ritten zwei andere Kinder mit ihren Pferden voraus. Als die beiden Kinder mit ihren Pferden schneller davonritten, riss sich das Pony los und stürmte den beiden anderen Pferden hinterher. Das Mädchen fiel vom Pferd und verletzte sich so sehr, dass es im Krankenhaus reanimiert werden musste. Die Mutter verlangt vom Ponyhof- Betreiber Schmerzensgeld in Höhe von 10 000 €. Dieser weigerte sich, die Wiedergutmachung zu zahlen. Die Mutter des Mädchens habe die Verantwortung für das Tier übernommen, als sie es vom Hof geführt habe. Ihn treffe keine Schuld.
Landgericht bejaht Schmerzensgeld in voller Höhe
Das Landgericht Oldenburg gab Mutter und Tochter Recht und bejahte den Schmerzensgeldanspruch. Der Betreiber des Ponyhofs hafte für die sog. Tiergefahr, die sich durch den Unfall verwirklicht habe. Gegen die Entscheidung legte der Betreiber Berufung ein. Aus seiner Sicht müsse die Mutter zumindest zur Hälfte haften. Dies müsse sich das Mädchen anrechnen lassen.
OLG bestätigt Entscheidung
Mit der Berufung hatte der Betreiber keinen Erfolg. Die Richter am Oberlandesgericht Oldenburg entschieden, dass er voll hafte. Die Mutter treffe kein Mitverschulden. Als Tierhalter hafte er für alle Schäden, die das Tier verursache. Zwar haftet auch derjenige, der die Aufsicht über ein Tier (vertraglich) übernehme (§ 334 BGB). Die Haftung entfällt laut Gesetz jedoch dann, wenn dieser sich entlasten kann. Das sei hier der Fall. Zwar habe die Frau, indem sie das Pferd vom Hof in den Wald führte, die Aufsicht über das Tier übernommen. Auch habe ihr die »latente Gefahr« bewusst sein müssen, die von einem Pferd ausgehe, so die Richter. Sie habe aber beweisen können, dass sie das Tier nach ihren Möglichkeiten beaufsichtigt habe. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass ein Pony, das zum Ausreiten vermietet werde, eine gewisse Routine bei Ausritten habe und im Gelände nicht nervös werde oder besonders gesichert werden müsse, zumal ihr das Tier auch nur mit einem einfachen Führstrick übergeben worden sei. Die Mutter habe keine Möglichkeit gehabt, das Tier zu stoppen oder ihre Tochter rechtzeitig vom Sattel zu heben. Der Tierhalter hafte daher voll. Das Schmerzensgeld in Höhe von 10 000 € sei angemessen.
Anmerkung der Redaktion:
Das Gesetz unterscheidet bei der Haftung des Tierhalters und derjenigen des sog. Tieraufsehers. Der Halter haftet nach § 833 BGB immer, er kann sich nicht entlasten (Gefährdungshaftung). Der Tieraufseher haftet dagegen nur dann, wenn er sich nicht entlasten kann (vermutetes Verschulden). Demnach haftet er nicht, wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde (§ 834 BGB). Eine Ausnahme gilt bei Tierhaltern von Haustieren, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters zu dienen bestimmt sind. Darunter fallen beispielsweise Pferde, Maultiere und Esel, Jagdhunde und sogar Katzen (jedoch nur, wenn sie auf einem Hof gehalten werden, um Vorräte zu schützen). Hier kann sich auch der Tierhalter entlasten. Übrigens: Um die Aufsicht über ein Tier zu übernehmen, muss kein schriftlicher Vertrag geschlossen werden. Schlüssiges Verhalten reicht aus, also beispielsweise, wie im obigen Fall, die Mutter, die mit dem Tier den Hof verlässt.