RICHARD BOORBERG VERLAG

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08.09.2021
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.09.2021, 5 AZR 149/21

Krankgeschrieben bis zum Ende der Kündigungsfrist – Arbeitgeberin erkennt AU nicht an

       

Kündigt ein Arbeitnehmer seinen Job und wird er am Tag der Kündigung für den Rest der verbleibenden Arbeitszeit krankgeschrieben, kann dies den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) erschüttern, urteilte das Bundesarbeitsgericht. In dem zu entscheidenden Fall erhielt die betroffene Mitarbeiterin kein Geld für die restliche Zeit.  

Eine Mitarbeiterin kündigte ihr Arbeitsverhältnis im Februar 2019. Die Frau war seit August 2018 bei dem Unternehmen als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Die Kündigung erging am 8. Februar für den 22. Februar. Am Tag der Kündigung legte die Angestellte ihrer Arbeitgeberin eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) vor. Danach war sie bis für die restliche Zeit ihres Vertrages krankgeschrieben. Die Arbeitgeberin verweigerte es, die Mitarbeiterin für die verbliebene Zeit zu bezahlen. Der Beweiswert der AU sei erschüttert, weil dieser genau die verbliebene Zeit bis zum Ende ihres Arbeitsverhältnisses abdecke. Die Mitarbeiterin entgegnete, sie sei ordentlich krankgeschrieben und habe vor einem Burn-Out gestanden.

Kann AU Krankheit beweisen?

Das Landesarbeitsgericht Niedersachsen gab der Klage der Mitarbeiterin auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 8. bis zum 22. Februar statt. Das Bundesarbeitsgericht sah dies im Revisionsverfahren anders: Zwar habe die Mitarbeiterin ihre Krankheit mit einer AU nachgewiesen. Dies sei das gesetzlich vorgesehene Beweismittel. Der Arbeitgeber könne diesen Beweiswert jedoch erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlege und ggf. beweise, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelinge das dem Arbeitgeber, müsse der Arbeitnehmer substantiiert darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig gewesen sei. Der Arbeitnehmer könne den Beweis beispielsweise durch die Vernehmung des behandelnden Arztes, nach Entbindung von der Schweigepflicht, erbringen.

BAG: ernsthafte Zweifel an Krankheit

Die Arbeitgeberin habe den Beweiswert der Krankschreibung hier erschüttert, stellten die Richter fest. Dass die Kündi gung vom 08.02. zum 22.02.2019 und die am 08.02 bis zum 22.02.2019 bescheinigte Arbeitsunfähigkeit zeitlich genau übereinstimmten, begründe einen ernsthaften Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Die Mitarbeiterin sei ihrer Darlegungslast, dass sie tatsächlich arbeitsunfähig krank sei, trotz Hinweis des Gerichts im Prozess nicht hinreichend konkret nachgekommen. Daher wiesen die Richter ihre Klage ab. Die Frau erhielt kein Geld für die verbliebene Zeit bis zum Ende ihres Arbeitsverhältnisses.

Autoren:
Anna Kristina Bückmann