Ein Mann kaufte am 23.03.2016 einen gebrauchten VW Passat. In dem Fahrzeug war ein von der VW AG hergestellter Dieselmotor des Typs EA 189 verbaut. Der Motor verfügte über eine unzulässige Abschaltvorrichtung. Er war werkseitig mit einer Motorsteuerungs-Software ausgestattet, die, erkennend, ob sich das Fahrzeug im Testlauf unter Laborbedingungen oder aber im normalen Straßenverkehr befand, mithilfe zweier Abgasrückführungsmodi den Stickstoffdioxydausstoß dahingehend steuerte, dass der auf dem Prüfstand angezeigteWert gegenüber dem tatsächlichen Wert im Fahrbetrieb deutlich reduziert war.
Einige Zeit später forderte der Käufer vom Autohaus die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs, weil er über das Vorhandensein die Motorsteuerungssoftware getäuscht worden sei. Seine Klage hatte beim Oberlandesgericht Köln allerdings keinen Erfolg.
Kenntnis von Schadsoftware lässt Haftung entfallen
Nach Einschätzung der Richter standen dem Käufer keine Gewährleistungsansprüche wegen der betrügerischen Software in dem Gebrauchtwagen gegen den Händler zu. Denn der Käufer hatte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags Kenntnis von dieser manipulativen Motorsteuerung.
Mittlerweile sei obergerichtlich anerkannt, dass es sich bei dem Einbau der Motorsteuerungssoftware seitens des Herstellers m eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung gegenüber dem Käufer handle. Dieser Umstand sei im vorliegenden Fall jedoch nicht (mehr) schadensverursachend beim Erwerb des Fahrzeugs gewesen, da der Käufer Kenntnis vom Vorhandensein dieser Software gehabt hatte oder hätte haben müssen; eine Täuschung des Käufers scheide somit aus.
Selbst wenn der Käufer keine Kenntnis von der genauen Wirkungsweise der Software gehabt habe, habe er jedenfalls grob fahrlässig gehandelt, weil er sich nicht weiter erkundigte; im April 2016 war der Dieselskandal in der veröffentlichten Meinung und in den Medien das beherrschende Thema.
Somit sei ein evtl. Vermögensschaden des Käufers durch den Erwerb eines vom Abgasskandal betroffenen Fahrzeugs der VW AG ab etwa Mitte Dezember 2015 nicht mehr zurechenbar. Denn der Hersteller hatte zu diesem Zeitpunkt die Öffentlichkeit durch eine Ad-hoc-Mitteilung informiert, in der Folgezeit mit dem Kraftfahrtbundesamt zusammengearbeitet und ab Spätherbst 2015 eine Webseite freigeschaltet, auf der sich Kunden informieren konnten, ob ihr Fahrzeug betroffen war.
Eine Täuschung durch das Anbieten und Inverkehrbringen des manipulierten Fahrzeugs habe sich im vorliegenden Fall jedenfalls zum Zeitpunkt des Kaufs (April 2016) nicht (mehr) auf die Kaufentscheidung des Käufers ausgewirkt. Vergl. auch RdW-Kurzberichte 9/2020 (Gewährleistung bei bewusster Wahl eines Auslaufmodells) sowie 85/2020 (Keine Gewährleistungsansprüche bei wissentlichem Kauf eines »Dieselskandal-Pkw«).