Mit dem hier besprochenen Urteil handelte der VII. Senat des BGH fünf gleichgelagerte Fälle ab. In diesen Fällen ging es um den Kauf von gebrauchten Fahrzeugen, die allesamt mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet waren. Die Fahrzeuge verfügten über Dieselmotoren der Baureihe EA 189 (EU 5). Diese enthielten eine Software, die erkannte, dass sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befand und leitete in diesem Zyklus eine höhere Abgasrückführungsrate und einen geringeren Stickoxidausstoß ein. Im Herbst 2015 wurde diese Vorgehensweise öffentlich bekannt. Dabei richteten die Käufer ihre Klagen gegen den VW Konzern, nicht gegen den jeweiligen Zwischenhändler.
Der BGH befand, dass in vier der fünf Fällen die Verjährung der Schadensersatzansprüche Ende 2019 eingetreten war. In dem fünften Fall wurde das Urteil der Vorinstanz aufgehoben und zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Anwendbarkeit der allgemeinen Verjährungsvorschriften
Die Einrede der Verjährung bei deliktischen Ansprüchen richtet sich nach den allgemeinen Verjährungsvorschriften, §§ 194 ff. BGB. Maßgeblich ist damit die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB. Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Frist für die Verjährung, wenn der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger Kenntnis davon erlangt hat oder hätte erlangen müssen. Konkret hat der BGH dazu festgestellt, dass nachzuweisen ist, ob der Käufer von dem Abgasskandal im Allgemeinen und von der konkreten Betroffenheit seines Fahrzeugs gewusst oder grob fahrlässig nicht gewusst hat.
Maßgeblich: Kenntnis von der individuellen Betroffenheit
Zu prüfen hatte der BGH daher, wann die jeweiligen Käufer von der konkreten Betroffenheit ihres Wagens gewusst haben oder davon nicht erfahren haben, weil sie in besonders hohem Maße unachtsam waren. In zwei Fällen konnte die positive Kenntnis im Jahr 2016 durch ein Kundenschreiben der Volkswagen AG nachgewiesen werden. In zwei weiteren Fällen nahm der BGH eine fahrlässige Unkenntnis der Käufer an. Es sei ihnen bis zum Ende des Jahres 2016 anhand leicht zugänglicher Informationsquellen, wie etwa die Online-Plattform der Volkswagen AG, möglich gewesen zu überprüfen, ob ihr Fahrzeug betroffen gewesen sei.
OLG: grob fahrlässige Unkenntnis zu Unrecht angenommen
Im letzten Verfahren sei das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Käufer schon Ende 2015 Kenntnis gehabt haben müsste. Dazu stellte der BGH fest, dass dem Käufer kein schwerwiegender Obliegenheitsverstoß anzulasten sei. Zwar wurde der Abgasskandal im Herbst 2015 öffentlich bekannt und im Oktober 2015 die Online-Plattform zur Ermittlung der eigenen Betroffenheit von der Volkswagen AG freigeschaltet. Allerdings sei es – auch in Anbetracht der Ankündigung von VW, dass weitere Erklärungen noch folgen würden – nicht schlechterdings unverständlich gewesen, dass dieser Käufer noch zugewartet habe.
Kein Restschadensersatz nach § 852 BGB
Ferner wurde der Restschadensersatzanspruch nach § 852 BGB, das auch nach Eintritt der Verjährung angewendet werden könne, abgelehnt. Dieser Anspruch greift auf die Vorschriften der ungerechtfertigten Bereicherung zurück, wenn eine Schädigung durch unerlaubte Handlung eingetreten ist. Allerdings sei hierfür erforderlich, dass die Volkswagen AG an dem Gebrauchtwagenkauf mittelbar oder unmittelbar partizipiert hätte. Dies aber sei nicht der Fall. Damit scheide ein Anspruch nach § 852 S. 1 BGB aus.