RICHARD BOORBERG VERLAG

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21.07.2021
OLG Stuttgart, Urteil vom 21.07.2021 , 9 U 90/21

Autokauf: Käufer muss sich Zulassungsbescheinigung Teil II zeigen lassen

         

Die Vorlage des Fahrzeugbriefs – Zulassungsbescheinigung Teil II – ist eine Voraussetzung für den gutgläubigen Erwerb eines Autos, um die Berechtigung des Veräußerers prüfen zu können. Der Autokäufer muss zum Schutz seines guten Glaubens die Zulassungsbescheinigung Teil II eines Fahrzeugs vom Verkäufer zeigen lassen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass die Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II eines Fahrzeugs (Fahrzeugbrief) nicht die Käuferin beweisen muss. Derjenige, der den guten Glauben der Käuferin zerstören will, muss beweisen, dass diese nicht vorgelegt wurde, da die Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II eine Mindestvoraussetzung für den guten Glauben darstelle.

Die Klägerin, Käuferin eines Fahrzeugs, begehrte von der Beklagten die Herausgabe der Zulassungsbescheinigung Teil II des Fahrzeugs, das sie von einer Leasingnehmerin der Beklagten gekauft hatte und das im Eigentum der Beklagten gestanden hatte. Das Landgericht Stuttgart hatte die Klage noch abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin gab ihr das OLG Recht.

Die Darlegungs- und Beweislast für die fehlende Vorlage des Fahrzeugbriefs trägt der Beklagte

Im Gegensatz zur Entscheidung des Landgerichts Stuttgart war das OLG der Auffassung, dass die Käuferin gutgläubig Eigentümerin des Fahrzeugs geworden sei und sie deshalb Anspruch auf Herausgabe des Fahrzeugbriefs habe. Dies ergäbe sich aus §§ 985, 952 BGB, wonach Eigentümer des Fahrzeugbriefs derjenige ist, der Eigentum an dem Fahrzeug erworben hat. Nach Ansicht des OLG hat die Käuferin Eigentum an dem Fahrzeug erworben. Der Beklagten ist es nämlich nicht gelungen zu beweisen, dass die Käuferin beim Erwerb des Fahrzeugs nicht in gutem Glauben war. Dass ihr beim Kauf des Fahrzeugs die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht vorgelegt wurde, konnte die Beklagte nicht beweisen. Die Vorlage des Fahrzeugbriefs sei eine Mindestvoraussetzung für den gutgläubigen Erwerb. Sie diene der Überprüfung, ob der Verkäufer zur Veräußerung des Fahrzeugs berechtigt sei. Der Käufer muss sich also zum Schutz des guten Glaubens immer die Zulassungsbescheinigung Teil II eines Fahrzeugs vorzeigen lassen. Dass diese Vorlage des Fahrzeugbriefs nicht erfolgt ist, hat der Verkäufer darzulegen und zu beweisen, so die OLG-Richter. Dies hat das Landgericht Stuttgart zuvor verkannt. Es war der Ansicht, dass durch die Vorlage der Zulassungsbescheinigung Teil II sich die Beweislast ändere und diese nun die Käuferin trage, die Käuferin also beweisen müsse, dass ihr die Zulassungsbescheinigung Teil II vorgelegt wurde. Eine solche Vorlage der Zulassungsbescheinigung habe jedoch nach dem OLG auf die Darlegungs- und Beweislast keinen Einfluss. Die Vorlage setze lediglich eine Mindestanforderung für den guten Glauben fest und müsse somit von demjenigen be wiesen werden, der den gutgläubigen Erwerb verhindern möchte.

Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin die Zulassungsbescheinigung Teil II vorlegen lassen. Auch sind keine anderen konkreten Verdachtsmomente festzustellen gewesen, dass die Klägerin nicht im guten Glauben war. Die Beklagte hat deshalb weder bewiesen, dass der Klägerin die Zulassungsbescheinigung Teil II nicht vorgelegt wurde noch ist ihr der Beweis gelungen, dass die Klägerin bei Erwerb nicht im guten Glauben war.

Autoren:
Tatjana Wellenreuther