Nach einem Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums vom 25.05.2021 hat die Bundesstraßenbauverwaltung – vertreten durch das Regierungspräsidium Stuttgart – ein im Mai 2017 eingeleitetes Verfahren zur verkehrlichen Umfahrung von Enzweihingen im Verlaufe der B 10 abgeschlossen. Mit dieser Straßenbaumaßnahme soll der Ortskern von Enzweihingen von täglich über 25.000 Fahrzeugen entlastet werden, worüber seit Jahrzehnten intensiv in der Öffentlichkeit diskutiert worden war.
Gegen diesen Beschluss des Regierungspräsidiums Stuttgart nahmen sowohl eine anerkannte Umweltvereinigung als auch eine Privatperson, deren Grundstücke durch die beabsichtigte Umfahrungsplanung in Anspruch genommen werden würden, gerichtliche Hilfe in Anspruch. Sie begehrten vorläufigen Rechtsschutz gegen den Bau der Ortsumfahrung mit je einer Fahrbahn und den Bau von zwei Brücken über einen Bach und die Enz und anschließender Verbindung mit der B 10. Der Verwaltungsgerichtshof gab den Klägern Recht. Bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren gegen den Planfeststellungsbeschluss kann das Bauvorhaben aufgrund der Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes nicht umgesetzt werden.
Artenschutz hat Vorrang
Nach Auffassung der Richter sprechen vor allem die Belange des Artenschutzes gegen die geplante Umfahrung von Enzweihingen. Mit dem Neubau der geplanten Umfahrungsstraßen seien erhebliche Störungen des Artenschutzes, der Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten sowie das Risiko der Tötung mehrerer besonders geschützter Tierarten verbunden. Daneben werde ein europarechtlich bedeutsames Schutzgebiet durch den vorgesehenen Brückenbau beeinträchtigt.
Negative Einwirkungen
Außerdem habe das vom Regierungspräsidium Stuttgart geplante Bauvorhaben negative Einwirkungen auf das Landschaftsbild, auf Naturdenkmäler und auf ökologisch wertvolle Flächen.
Nach Auffassung des Gerichts könne eine artenschutzrechtliche Ausnahme vorliegend auch nicht zugelassen werden. Vielmehr müsse sich die Vorhabenträgerin auf den Bau einer Tunnelvariante verweisen lassen, der die beabsichtigte und notwendige Verkehrsentlastung in nahezu gleicher Weise herbeiführen könne. Den Richtern war durchaus bewusst, dass der Bau eines Tunnels unter dem Ortskern von Enzweihingen zwar doppelt so hohe Baukosten, höhere Unterhaltungskosten, eine höhere Luftschadstoffbelastung, bauliche Eingriffe in Grundwasserschichten und eine gewisse städtebauliche Trennwirkung, insbesondere durch die Tunneleingangsportale, verursache. Diese Nachteile seien aber in Bezug auf die erhebliche Bedeutung des europarechtlich vorgeprägten Artenschutzes hinzunehmen und seien nicht unverhältnismäßig, so der VGH Baden-Württemberg abschließend.