Eine Architektin stellte für ein Ehepaar bezüglich deren Grundstück bei der Gemeinde als Baubehörde eine Bauvoranfrage. In dieser wollte sie namens der Eheleute die Möglichkeiten der Bebauung des Grundstücks rechtsverbindlich durch die Gemeinde feststellen lassen. Nachdem die Gemeinde die Bauvoranfrage negativ beschieden hatte, legte die Architektin hiergegen fristgerecht »namens der Grundstückseigentümer« Widerspruch ein und vertrat die Eheleute im Widerspruchsverfahren. Die zuständige Rechtsanwaltskammer nahm dieses Verhalten der Architektin zum Anlass, sie wegen unerlaubter Rechtsdienstleistung auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen und sie kostenpflichtig abzumahnen. Da die Architektin dem nicht nachkam und auch die angefallenen Abmahnkosten nicht beglich, kam es zum Prozess. Das Oberlandesgericht Koblenz stellte fest, dass einem Architekten die Vertretung seiner Auftraggeber im Widerspruchsverfahren gegenüber der Baubehörde nicht erlaubt sei; denn es handle sich um eine unerlaubte Rechtsdienstleistung.
Rechtliche Dienstleistungen
Gesetzlich ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie gesetzlich erlaubt wird. Diese Vorschrift (§ 3 Rechtsdienstleistungsgesetz) dient dem Zweck, den Rechtsverkehr vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu schützen. Im vorliegenden Fall ging es im Widerspruchsverfahren mit der Baubehörde um die Berechtigung der angebrachten Bauvoranfrage. Die hier in Rede stehenden Tätigkeiten der Architektin hatten somit die Prüfung individueller Ansprüche aus dem Bereich des öffentlichen Baurechts zum Gegenstand. Somit handelt es sich zweifelsfrei um eine Rechtsdienstleistungstätigkeit.
Keine Nebenleistung
Handelt es sich um eine schlichte »Nebenleistung« (§ 5 Rechtsdienstleistungsgesetz), so ist diese ausnahmsweise erlaubt. Eine solche Nebenleistung könne jedoch nicht mehr angenommen werden, wenn die Tätigkeit eine Rechtsprüfung erforderlich mache, die über eine rein schematische Rechtsanwendung hinausgehe. So auch hier: Bei der Vertretung der Grundstückseigentümer im Widerspruchsverfahren handele es sich nicht mehr um bloße Nebenleistungen, die zum Berufs- oder Tätigkeitsbild eines Architekten gehörten. Denn dem Widerspruchsverfahren in Angelegenheiten des öffentlichen Baurechts komme ein so erhebliches Gewicht zu, dass die darauf bezogene Rechtsdienstleistung für einen Architekten nicht den Charakter einer Nebenleistung habe. Als Vorstufe eines Gerichtsverfahrens erfordere das Widerspruchsverfahren qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grundsätzlich lediglich bei Rechtsanwälten vorausgesetzt werden könnten. So komme es bei der Vertretung von Rechtsansprüchen auch schon im Widerspruchsverfahren nicht nur auf die Kenntnis bautechnischer und baurechtlicher Bestimmungen an, sondern nicht zuletzt auch auf die Beherrschung des übrigen öffentlichen Baurechts und Verwaltungsprozessrechts, mit dem der Architekt üblicherweise nicht hinreichend vertraut sein könne. Somit sei bei der Vertretung im Widerspruchsverfahren die Kompetenz eines Architekten eindeutig überschritten. Die Architektin war daher im vorliegenden Fall verpflichtet, eine entsprechende Unterlassungserklärung gegenüber der Rechtsanwaltskammer abzugeben.