RICHARD BOORBERG VERLAG

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09. 03. 2020
Oberlandesgericht Köln , Beschluss vom 09. 03. 2020 , 6 W 25/20

»Top-Angebot« ohne »Top-Inhalt« ist unlautere Mogelpackung

  

Die irrtümliche Angabe eines viel zu geringen Kilometerstandes in einem Gebrauchtwagenangebot auf einer Internetplattform (hier: 2040 km statt 204032 km) ist irreführend; dies umso mehr, wenn die Anzeige aufgrund des Algorithmus der Internet-Plattform zu einer blickfangmäßig hervorgehobenen Bewertung als »TOP-Angebot« führt (OLG Köln).

Ein Autofahrer bewarb auf der Online- Plattform Autoscout24.de seinen Pkw Golf unter Angabe eines Kilometerstands von 2 040 km zum Preis von 1100 €. Tatsächlich jedoch betrug die Laufleistung 204032 km. Dem Angebot war ein Foto des Innenraums beigefügt, auf dem der tatsächliche Kilometerstand erkennbar war.

Die Anzeige war aufgrund des Algorithmus der Plattform blickfangmäßig hervorgehoben als »TOP-Angebot« bewertet. In einem anschließenden Rechtsstreit ging es schließlich nur noch um die Frage, wer die Kosten zu zahlen habe. Der inserierende Autofahrer verwies darauf, dass eine Irreführung hier nicht vorliege. Denn der Leser würde aufgrund der krassen Diskrepanz zwischen Tachostand und Angebotspreis den offensichtlichen Eingabefehler erkennen; im Übrigen würde er durch das gut lesbare Foto vom Tachometer ausreichend über den richtigen Kilometerstand aufgeklärt. Hieran ändere auch die Bewertung als »TOP-Angebot« nichts.

Dies sah das Oberlandesgericht Köln jedoch ganz anders und verurteilte den Autofahrer, die gesamten Kosten des Verfahrens zu bezahlen.

»TOP-Bewertung« trotz irreführender Angaben

Die Richter betonten, dass die Angabe des Tachostands von nur 2040 km unlauter sei, weil insbesondere das Verhältnis von Tachostand und Kaufpreis entscheidend für die Bewertung des Angebots durch den Algorithmus des Betreibers der Internetplattform sei.

Obwohl das Angebot tatsächlich nicht die Kriterien für die Bewertung als »TOP-Angebot« erfüllt habe, habe die fehlerhafte Kilometerangabe im Text zu einer Einordnung als ein solches »TOP-Angebot« geführt.

Somit lag eine blickfangmäßige, hervorgehobene und unwahre Bewertung vor, die ihrerseits nicht ausreichend aufgeklärt wurde. Solange ein Leser nicht wisse, wie sich die Bewertung zusammensetze, und er möglicherweise annehme, dass auch noch andere Umstände eine gravierende Rolle bei der Bewertung spielten, bestehe eine Irreführungsgefahr im Sinne des Wettbewerbsrechts. Diese Gefahr besteht so lange fort, wie das Siegel »TOP-Angebot« weiterhin gültig sei.

Unerheblich sei, dass die Bewertung als »TOP-Angebot« nicht durch den Verkäufer selbst vorgenommen worden sei; denn der Algorithmus habe jedenfalls auf die von ihm zur Verfügung gestellten Daten zugegriffen und diese entsprechend ausgewertet. Abschließend betonte das Gericht, dass auch das der Anzeige angefügte Foto des Tachometers mit dem tatsächlichen Kilometerstand nicht ausreiche, beim Leser des »TOP-Angebots« ausreichend für Aufklärung zu sorgen.

Autoren:
Klaus Krohn