Als der Onlinehandel um die Jahrtausendwende noch in den Anfängen steckte, wurde das Unternehmen Wirecard gegründet. Es entwickelte eine Software, die den digitalen Zahlungsverkehr erleichterte. Während die ersten Kunden aus dem Porno- und Glücksspielbereich kamen, nutzten später auch große Unternehmen – wie das Kreditkartenunternehmen Visa – die Plattform.
Manipulationsvorwürfe wurden lauter
Über die Jahre gab es immer wieder Manipulationsvorwürfe gegen die mittlerweile börsennotierte Wirecard AG. Besonderes Aufsehen erregte dabei eine Artikelserie der Financial Times (FT) im Jahr 2019. Darin wurde von erfundenen Kunden und Umsätzen in Singapur berichtet. Die BaFin erließ daraufhin ein Leerverkaufsverbot von Wirecard-Aktien. Bei Leerverkäufen wird darauf gewettet, dass Aktienkurse fallen. Die BaFin begründete ihre ungewöhnliche Entscheidung damit, dass Spekulationen mit der Aktie verhindert werden sollen und eine allgemeine Marktverunsicherung droht. Ihr wird vorgeworfen, sich damit hinter die Wirecard gestellt und der Öffentlichkeit vermittelt zu haben, dass die Vorwürfe nicht glaubhaft seien.
Juni 2020: Insolvenz der Wirecard
Im Oktober 2019 berichtete die FT erneut über zu hohe Umsätze und Gewinne der Wirecard. Es folgte eine Abwärtsspirale des Unternehmens. Nachdem die von der Wirecard beauftragten Wirtschaftsprüfer KPMG keine ausreichenden Belege für die Vorgänge finden konnten, erstattete die BaFin Anfang Juni 2020 erstmals Anzeige. Am 18. Juni 2020 gestand der Vorstand von Wirecard ein, dass auch die Wirtschaftsprüfer Ernst & Young keine Nachweise zur Existenz eines Guthabens in Höhe von 1,9 Mrd. € ermitteln konnten. Am 23. Juni 2020 stellte Wirecard dann einen Antrag auf Insolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit.
Geschädigte Anleger sehen BaFin in der Pflicht
Infolge dieser Insolvenz erlitten vier Wirecard- Aktionäre Verluste zwischen 3.000 und 60.000 Euro. Weil die Anleger ein Fehlverhalten der BaFin sahen, klagten sie vor der Amtshaftungskammer des LG Frankfurt auf Schadensersatz. Insbesondere meinten sie, dass die BaFin nicht die Marktmanipulationen verhindert und die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert habe. Zudem sei die Behörde den Hinweisen nicht genügend nachgegangen.
LG Frankfurt weist Klage ab
Die Richter der Amtshaftungskammer kamen zu dem Ergebnis, dass die Klagen abzuweisen sind. Ein Schadensersatzanspruch gegen die BaFin aus einer Amtshaftung bestehe nicht, weil die Behörde qua Gesetz keine privaten Interessen einzelner Anleger schütze. Die ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften dienen ausschließlich öffentlichen Interessen und entfalten dementsprechend keinen Drittschutz. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig und können mit einer Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt angefochten werden.