RICHARD BOORBERG VERLAG

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26.08.2019

Werbliche Aufwertung von Nahrungsergänzungsmitteln ist unzulässig

  

Wird in der Werbung für Nahrungsergänzungsmittel oder Kosmetika der Pflichttext »Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker«, der für Arzneimittel zwingend vorgeschrieben ist, verwendet, so werden diese Produkte bezüglich ihrer Wirkung unzulässig aufgewertet; es liegt eine Irreführung des Verbrauchers vor (OLG Dresden).

Eine Versandapotheke vertrieb über das Internet auch Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetikprodukte. Bei deren Darstellung verwendete die Versandapotheke die Formulierung »Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker«.

Ein Wettbewerbsverein sah hierin einen Wettbewerbsverstoß, weil die Apotheke auch bei Nahrungsergänzungsmitteln und Kosmetikprodukten diesen Warnhinweis verwende, der allein Arzneimitteln vorbehalten sei. Werde er für andere Produktgruppen verwendet, so werde der irreführende Eindruck erweckt, es handle sich um Arzneimittel mit den entsprechenden therapeutischen Wirkungen. Die Wettbewerbshüter verlangten deshalb von der Versandapotheke Unterlassung dieses Hinweises. Beim Oberlandesgericht Dresden mit Erfolg.

Warnhinweis nach Heilmittelwerbegesetz

Für Arzneimittel ist nach § 4 Abs. 3 HWG der Warnhinweis »Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker« zwingend vorgeschrieben. Dieser Hinweis hat gut lesbar und von den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt zu erfolgen. Nach Auffassung des Gerichts werde durch die entsprechende Angabe bei Nahrungsergänzungsmittel und beim Verbraucher die Vorstellung über Eigenschaften dieser Produkte erweckt, die tatsächlich unrichtig seien.

Irrige Vorstellung über tatsächlich nicht vorhandene gesundheitliche Wirkung

Die angesprochenen Kaufinteressenten verbinden mit dem Hinweis die Vorstellung, die beworbenen Produkte bedürften aufgrund ihrer besonderen Eigenschaft eines solchen Warnhinweises. Hierzu gehöre – so das Gericht weiter – beispielsweise eine erhöhte Wirksamkeit. So nehme der Interessent bei einem Nahrungsergänzungsmittel aufgrund des Warnhinweises an, die beworbene Wirkung – z. B. Erschöpfungszustände zu lindern –, sei besonders ausgeprägt, sodass vor Risiken und Nebenwirkungen gewarnt und hierüber aufgeklärt werden müsse.

Auch einem angebotenen Hautpflegeprodukt schreibe der Verbraucher aufgrund des Warnhinweises eine erhöhte Effizienz bei der Reduzierung von Hautunreinheiten zu.

Der durchschnittliche Interessent für Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetikprodukte könne demnach durch den Warnhinweis zu der Vorstellung gelangen, die Produkte wiesen besondere Eigenschaften wie eine gegenüber üblichen Produkten dieser Art erhöhte Wirksamkeit auf. Tatsächlich bedürfe es hier keines Warnhinweises, unabhängig davon, dass eine pharmazeutische Beratung auch bei Nicht-Medikamenten sinnvoll sein könne.

Bei der bewirkten Aufwertung durch den Warnhinweis handle es sich nicht um eine durch eine allgemeine Aussage hervorgerufene bloße Gedankenassoziation, sondern um eine unzutreffende Vorstellung; diese sei jedoch falsch, weil ein entsprechendes positives Leistungsmerkmal – Arzneimittelwirkung – tatsächlich nicht vorliege.

Somit lag eine irreführende Werbeaussage vor.

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 15. 01. 2019 – 14 U 941/18