Zwischen den Jahren 2007 bis 2011 beteiligte sich die Warburg Bank an den sog. Cum-Ex- Geschäften. Bei dieser Praxis wurden um den Stichtag der Dividendenausschüttung Aktien mit („cum“) und ohne („ex“) Dividendenanspruch gehandelt. Mit dieser Vorgehensweise ließen die Beteiligten sich von den Finanzbehörden mehrfach die Kapitalertragssteuer zurückerstatten, die nie gezahlt wurde. Mit dem Verwirrspiel prellten Banken, die Aktienhändler sowie Investoren den deutschen Staat um Millionen.
Erste Strafverfahren gegen Cum-Ex- Geschäfte
Gegen diese fragwürdige Praxis wurden zahlreiche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im September 2019 wurde erstmals ein Strafverfahren wegen der sog. Cum-Ex- Geschäfte eröffnet. Vor dem Landgericht Bonn wurden zwei britische Aktienhändler angeklagt und im März 2020 wegen Steuerhinterziehung verurteilt. Die gegen das Urteil eingelegten Revisionen wurden vom BGH im Juli 2021 verworfen.1 Damit bestand erstmals eine höchstrichterliche Entscheidung zur Strafbarkeit der sog. Cum-Ex-Geschäfte.
Erstes Urteil nimmt Bezug auf Praxis der Warburg Bank
Das genannte Urteil des Bundesgerichtshofs wurde anonymisiert veröffentlicht. Zudem gab der Bundesgerichtshof eine Pressemitteilung dazu heraus. In den Urteilsgründen wurde ausgeführt, dass ein Anteilseigner der Warburg Bank vorsätzlich und rechtswidrig eine Steuerhinterziehung begangen habe. Zu dem anderen Anteilseigner finden sich keine näheren Ausführungen.
Anteilseigner sehen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte
Gegen diese Urteile legten die zwei Anteilseigner der Warburg Bank Verfassungsbeschwerde ein. Sie sahen sich durch dieses Urteil in ihren allgemeinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Ferner sei durch die Veröffentlichung dieser Urteile der Grundsatz der Unschuldsvermutung missachtet worden.
Verfassungsbeschwerden unzulässig
Das Bundesverfassungsgericht nahm die unzulässige Verfassungsbeschwerde schon nicht zur Entscheidung an.2 Dazu führte es zunächst aus, dass der nicht genannte Anteilseigner schon nicht selbst durch die Urteile betroffen sei. Das Urteil enthalte keine Feststellungen zu seiner Person. Dass auf die Privatbank Bezug genommen werde, führe nicht zu einer eigenen Betroffenheit des Anteilseigners, denn sein Name sei nicht untrennbar mit der Kreditanstalt verbunden.
Verfassungsbeschwerden nicht substantiiert
Dem anderen Anteilseigner wurde angelastet, dass er die Grundrechtsverletzung nicht substantiiert dargelegt habe. Er habe sich nicht mit der einschlägigen, höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandergesetzt. So habe im Jahr 2009 das Bundesverfassungsgericht in einer vergleichbaren Konstellation – in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – eine Verletzung der Unschuldsvermutung abgelehnt.3
Vorrang der Fachgerichte
Darüber hinaus scheiterten die Verfassungsbeschwerden jedenfalls an dem Grundsatz der Subsidiarität nach § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG. Dieser besagt, dass eine Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden kann. Es sei aber weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Anteilseigner zunächst vor den Fachgerichten geklagt hätten.