RICHARD BOORBERG VERLAG

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23.09.2021

Stadtportal zu presseähnlich?

        

Veröffentlicht eine Stadt auf ihrem Internetportal auch Beiträge zum lokalen allgemeinen Stadtgeschehen, ersetzt das nicht zwangsläufig in unzulässiger Weise die freie Presse.

Kulturelle Veranstaltungen und Borussia Dortmund: Die Stadt Dortmund veröffentlichte auf ihrer Internetseite »dortmund. de« Artikel zum allgemeinen lokalen Stadtgeschehen. Das Portal war, zumindest im Mai 2017, teilweise werbefinanziert. Das Dortmunder Medienhaus Lensing Media, das u. a. die »Ruhr Nachrichten « herausgibt, kritisierte: es seien zu viele journalistische Beiträge auf der Seite. Die Berichterstattung über Fremdaktivitäten und den Fußballverein Borussia Dortmund gehörten nicht in ein städtisches Informationsmedium und seien der freien Presse vorbehalten. Die Stadt überschreite damit den Bereich kommunaler Öffentlichkeitsarbeit. Sie müsse das Portal auf die redaktionelle Darstellung der eigenen Aktivitäten beschränken. Das Gebot der Staatsferne der Presse untersage es der öffentlichen Hand, und damit auch den Kommunen, in Wettbewerb zur privaten Presse mit eigenen Angeboten zu treten. Die Stadt konterte, mit dem Portal erfülle sie ihre Verpflichtung zur öffentlichen Daseinsvorsorge.

Verleger klagt gegen Stadt

Verleger Lambert Lensing-Wolff klagte vor dem Landgericht Dortmund. Die Richter gaben dem Unternehmer Recht. Die Stadt Dortmund verstoße gegen den Grundsatz der Staatsferne der Presse, weil das von ihr betriebene Internetportal als Informationsplattform mit journalistischen Beiträgen über das gesamte politische und gesellschaftliche Leben in der Stadt berichten wolle.

Auf die Berufung der Stadt hin wies das Oberlandesgericht Dortmund (OLG) die Klage des Verlegers ab. Zwar würden einzelne Artikel auf dem Internetportal gegen das Gebot der Trennung von Staat und Presse verstoßen. Diese würden aber wegen der Vielzahl an Informationen »untergehen «.

OLG: Gebot der Staatsferne der Presse nicht verletzt

In der Gesamtbetrachtung sei das aus Art. 5 Abs. 1, Satz 2 Grundgesetz folgende Gebot nicht verletzt. Es könne nicht festgestellt werden, dass das Internetportal die private Presse ersetze. Durch den großen Umfang des Portals mit vielen Ober- und Unterseiten könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass durch das Portal eine Leselust der privaten Presse und damit eine Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten eintrete.

Die Beschwerde vor dem OLG hatte keinen Erfolg. Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) ließ das Gericht zu.

Anmerkung:

Immer wieder landen Fälle wie der vorliegende vor den Gerichten. Im Jahr 2018 hatte der BGH entschieden, dass die Stadt Crailsheim in Baden-Württemberg ein kommunales Amtsblatt nicht kostenlos in der Stadt verteilen dürfe wenn das Papier zu presseähnlich aufgemacht sei. Und im November 2020 deklarierte das OLG München I die Seite der bayerischen Landeshauptstadt als wettbewerbswidrig.

Autoren:
Anna Kristina Bückmann
Quelle:
Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. 06. 2021 – 4 U 1/20