RICHARD BOORBERG VERLAG

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01.07.2021

Scheidung: Anspruch auf Ehewohnung muss binnen eines Jahres geltend gemacht werden

    

Macht eine geschiedene Ehefrau innerhalb einer Frist von einem Jahr nach der rechtskräftigen Scheidung keine Ansprüche auf Überlassung der früheren gemeinsamen Ehewohnung geltend, so kann der frühere Ehemann, dem die Wohnung alleine gehört, die Räumung der Wohnung verlangen (BGH).

Ein Ehepaar lebte in einer Wohnung, die dem Ehemann alleine gehörte. Im Jahr 2014 trennte sich das Paar, und auch über die seit Dezember 2015 rechtskräftige Scheidung hinaus nutzte die Ex-Ehefrau die Wohnung alleine. Sie zahlte dem verflossenen Ehemann weder Miete noch Nutzungsentschädigung noch übernahm sie die verbrauchsabhängigen Kosten, etwa Wasser, Strom.

Der Wohnungseigentümer verlangte im Jahr 2019 schließlich die Räumung und Herausgabe der Wohnung.

Wie schon in den Vorinstanzen erhielt der Mann auch beim Bundesgerichtshof Recht.

Kein Ehewohnungsverfahren anhängig

Wenn sich ein Ehepaar nach der Scheidung endgültig trennt, so ist häufig unklar, wer die zuvor gemeinsam bewohnte Wohnung weiter nutzen kann. Selbst wenn sie dem zunächst ausgezogenen, früheren Ehegatten alleine gehört, ist die rechtliche Konstellation nicht einfach. Denn der geschiedene Ehegatte, der noch in der Wohnung des anderen Ehegatten wohnt, kann einen Anspruch auf nachehezeitliche Überlassung der Ehewohnung geltend machen (§ 1568 a BGB), das sog. Ehewohnungsverfahren. Hierfür hat dieser Ehegatte laut gesetzlicher Vorschrift nach Ehescheidung ein Jahr Zeit. Macht er von diesem Recht Gebrauch, so muss im Rahmen dieses Verfahrens gerichtlich geklärt werden, ob ihm die Ehewohnung zugesprochen werden kann. Im vorliegenden Fall hatte die Ehefrau, die nach wie vor in der Wohnung lebte, solche Ansprüche innerhalb dieser Jahresfrist nicht geltend gemacht.

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs waren ihre Rechte insoweit erloschen, sie hatte also nicht, wie in der genannten Vorschrift vorgesehen, Anspruch auf Eintritt in ein Mietverhältnis mit ihrem geschiedenen Mann. Ausdrücklich ist in dieser Rechtsvorschrift die Einjahresfrist zwar nur für den Eintritt in ein Mietverhältnis geregelt. Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs spricht jedoch alles dafür, dass auch bei der Überlassung der Wohnung dieselbe Frist gelten müsse. Da im vorliegenden Fall diese Jahresfrist längst abgelaufen war, ohne dass die frühere Ehefrau Ansprüche auf Wohnungsüberlassung oder auf Abschluss eines Mietvertrags gerichtlich geltend gemacht hätte, war sie verpflichtet, die Wohnung ihres früheren Ehemannes innerhalb einer angemessenen Frist zu räumen.

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 10. 03. 2021 – XII ZB 243/20