In den Jahren 2015 und 2016 erstellte die Landesrundfunkanstalt Südwestrundfunk gegen verschiedene säumige Rundfunkbeitragszahler Vollstreckungstitel zur Beitreibung nicht gezahlter Beträge. Die Beitragsschuldner legten vor den deutschen Gerichten gegen die Vollstreckungsmaßnahmen Rechtsmittel ein. Das in zweiter Instanz mit diesem Verfahren befasste Landgericht Tübingen war der Auffassung, dass der Rundfunkbeitrag und die hoheitlichen Vorrechte der öffentlich-rechtlichen Sender bei der Beitreibung gegen EU-Recht verstoßen. Insbesondere sei der seit 2013 eingeführte Rundfunkbeitrag rechtswidrig. Dieser habe die frühere Rundfunkgebühr, die für den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts zu entrichten war, ersetzt. Diese Änderung hätte der EU-Kommission als Änderung einer bestehenden Beihilfe mitgeteilt werden müssen.
Das Landgericht legte daher zur Klärung EU-rechtlicher Fragen den Rechtsstreit zur Vorabentscheidung dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) vor.
Rundfunkbeitrag ist EU-rechtlich unbedenklich
Der EuGH: Es ist europarechtlich nicht zu beanstanden, dass in Deutschland der öffentlich-rechtliche Rundfunk überwiegend durch einen Rundfunkbeitrag finanziert wird, den jeder Erwachsene zahlen muss, der Inhaber einer Wohnung ist. Die öffentlich-rechtlichen Sender sind befugt, rückständige Rundfunkbeiträge selbst beizutreiben.
Nach Auffassung der Richter ist die Ersetzung der früheren Rundfunkgebühr, die für den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts zu entrichten war, durch den Rundfunkbeitrag, der insbesondere für das Innehaben einer Wohnung und Betriebsstätte zu entrichten ist, keine erhebliche Änderung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland. Es war daher bei Einführung des Rundfunkbeitrags nicht erforderlich, die EU-Kommission von diesem Vorgang als Änderung einer bestehenden Beihilfe zu unterrichten.
Ziel der Einführung des Rundfunkbeitrags statt der früheren Rundfunkgebühr sei es gewesen, vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklung beim Empfang der Programme der öffentlich-rechtlichen Sender eine Vereinfachung in der Beitragserhebung herbeizuführen. Die Änderung habe zu keiner wesentlichen Erhöhung der Vergütung geführt.
Eigenständige Zwangsvollstreckung durch öffentlich-rechtliche Sender ist zulässig
Diese Vorrechte in der Zwangsvollstreckung seien von der EU-Kommission bei ihrer Prüfung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bereits im Jahr 2007 berücksichtigt worden und seither unverändert geblieben. Hieran habe sich nichts geändert, sodass es den öffentlich-rechtlichen Sendern erlaubt sei, die Zwangsvollstreckung von Forderungen aus rückständigen Rundfunkbeiträgen selbst zu betreiben.