RICHARD BOORBERG VERLAG

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21.10.2021

Kein Schadenersatz wegen verspäteter Auskunft nach DSGVO

  

Allein eine Auskunft, die eine Behörde nach einem Auskunftsbegehren nach der Datenschutzgrundverordnung verspätet erteilt hat, löst aus Sicht des Landgerichts Bonn noch keinen Schaden aus. Der Betroffene muss substantiiert darlegen und notfalls beweisen, dass ihm ein solcher durch die Verspätung entstanden ist.

Eine Frau verklagte eine Behörde vor dem Landgericht Bonn (LG) auf Schadensersatz. Die Einrichtung habe ihr Informationen erst nach acht Monaten und damit verspätet mitgeteilt. Ihr stehe daher ein Anspruch auf Schadensersatz nach der Datenschutzgrundverordnung (§ 82 DSGVO) zu.

Schaden nicht dargelegt

Das LG wies die Klage ab. Der Frau stehe kein Schadensersatz zu. Die Regelung in der Verordnung setzt einen Verstoß gegen das Auskunftsverlangen (§ 15) sowie einen Schaden voraus. Das Gericht ließ es dahinstehen, ob eine verspätet erteilte Auskunft einen Verstoß gegen die Auskunftspflicht darstellt. Denn die Frau habe nicht nachvollziehbar dargelegt, dass ihr durch die Verspätung ein Schaden entstanden sei. Voraussetzung dafür sei in jedem Fall die substantiierte Darlegung eines materiellen oder immateriellen Schadens durch den Betroffenen, wenn nötig mit entsprechenden Beweisen. Mit einem immateriellen Schaden sind solche Schäden gemeint, die nicht das Vermögen betreffen, sondern Werte wie den Körper, die Freiheit oder Ehre.

Langes Warten ist noch kein Schaden

Dass die Frau lange auf die gewünschte Auskunft habe warten müssen, stelle allein noch keinen Schaden dar – auch keinen immateriellen Schaden. Denn auch ein solcher setze zumindest eine Beeinträchtigung voraus, die zumindest »spürbar « für den Betroffenen sein müsse. Demnach gebe es grundsätzlich keinen Anspruch auf Schadensersatz für eine lediglich verspätete oder unvollständige Auskunftserteilung.

Informationslücke allein stellt keinen Schaden dar

Im konkreten Fall war die Auskunft nicht vollständig, denn die Behörde hatte der Frau die WhatsApp-Kommunikation zwischen den beiden nicht offengelegt. Die Erfüllung des Auskunftsanspruchs setzt laut LG voraus, dass die Information nicht offensichtlich unvollständig ist. Die fehlenden Chat-Protokolle seien eine offensichtliche Auskunftslücke. Das ändere jedoch nichts daran, dass die Frau einen Schaden hätte darlegen müssen. Allein die Lücke begründe keinen Schaden.

Übrigens:

Der Auskunftsanspruch nach § 15 DSGVO umfasst u. a.:

– das Recht auf Auskunft über die Art der verarbeiteten personenbezogenen Daten,

 – über die Empfänger der gespeicherten Daten,

– über die Verarbeitungszwecke,

– über die Kategorien der verarbeiteten Daten,

– über die geplante Dauer der Speicherung und

– möglicherweise ein Recht auf Berichtigung oder Löschung der Daten.

Es besteht Unklarheit darüber, wie hoch ein Schaden für einen Anspruch nach §§ 18, 15 DSGVO sein muss. Ein Rechtsanwalt verlangte z. B. 500 j dafür, dass eine Werbemail an seine berufliche anstatt seine private E-Mail-Adresse geschickt worden ist. Das Amtsgericht Goslar lehnte seine Schadensersatzklage ab. Es sei eine Bagatelle, entschied das Gericht. Der Anwalt klagte sich bis vor das Bundesverfassungsgericht. Dieses entschied: Die Amtsrichter hätten die Klage nicht abweisen dürfen, ohne dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einige, für die Entscheidung maßgebliche, bisher nicht geklärte Rechtsfragen vorzulegen. Dazu zählte u. a., ob die Norm eine gewisse Erheblichkeit der Rechtsverletzung voraussetze. Zu den Fragen hätte der EuGH bislang nicht Stellung genommen, und die richtige Anwendung sei auch nicht offenkundig. Die Amtsrichter hätten daher das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH dazu entscheidet. Die Entscheidung der Richterinnen und Richter stand zum Redaktionsschluss noch aus.

Autoren:
Anna Kristina Bückmann
Quelle:
Landgericht Bonn, Urteil vom 01. 07. 2021 – 15 O 372/20