RICHARD BOORBERG VERLAG

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25.02.2020

Kein Schädigungsvorsatz bei Einbau eines „Thermofensters“

  

Der Käufer eines Fahrzeugs kann vom Hersteller keinen Schadenersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung mit der Begründung verlangen, das Fahrzeug sei mit einer Abschalteinrichtung ausgestattet, die die Abgasreinigung in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur durch ein sogenanntes Thermofenster verändere.

Ein Mann kaufte im Jahr 2012 einen gebrauchten Pkw Mercedes Benz, Typ 220 CDI mit einem Dieselmotor des Typs OM 651. Das Fahrzeug wies die Abgasnorm „Euro 5“ auf und war mit einem sog. Thermofenster ausgestattet. Hierbei handelte es sich um eine Steuerungssoftware, die die Abgasrückführung temperaturabhängig reguliert und die Abgasrückführung bei kühleren Außentemperaturen reduziert.

Der Käufer meinte, es handle sich um eine unzulässige Abgasabschalteinrichtung und verlangte vom Hersteller des Fahrzeugs die Zahlung von Schadenersatz gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

Beim Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht hatte die Klage des Käufers jedoch keinen Erfolg.

Kein Schädigungsvorsatz des Fahrzeugherstellers

Nach Auffassung des Gerichts stand dem Käufer kein Anspruch auf Schadenersatz wegen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung zu; denn es fehlte an dem erforderlichen Schädigungsvorsatz des Fahrzeugherstellers.

Ob es sich bei einem „Thermofenster“ um eine unzulässige Abschalteinrichtung handelt, ist in der Rechtsprechung umstritten. Diese Frage musste im vorliegenden Fall jedoch nicht entschieden werden, denn es fehlte jedenfalls an einem erforderlichen Schädigungsvorsatz der Herstellerfirma.

Ein derartiger Vorsatz setze voraus, dass der Schädiger die Schädigung erkannt oder vorausgesehen und sie billigend in Kauf genommen hat. Dies ließ sich hier nicht feststellen.

Anders als in den unter dem Stichwort „Diesel- Skandal“ bekannt gewordenen Fällen des Motors EA 189 sei es hier nicht so, dass auf dem Prüfstand andere Abgasrückführungsmodi aktiviert würden als auf der Straße. Vielmehr werde bei dem „Thermofenster“ die Abgasrückführung temperaturabhängig stärker oder weniger stark aktiviert. Das Einbauteil unterscheide somit nicht zwischen Prüfstand und realem Betrieb, sondern richte sich nach der Außentemperatur und sei damit nicht offensichtlich auf eine „Überlistung“ der Prüfungssituation ausgelegt.

Könnten vom Hersteller – wie hier – zusätzlich Gesichtspunkte des Motor- bzw. Bauteileschutzes als Rechtfertigung für den Einbau der Abschalteinrichtung ernsthaft vorgebracht werden, so könne nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass die Verantwortlichen des Herstellers in dem Bewusstsein gehandelt hätten, möglicherweise eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden.

Anders als in den Fällen einer Umschaltlogik, wie sie bei dem Motor EA 189 vorliege und wo sich aufdränge, dass eine solche gesetzeswidrig sei, könne dies für ein „Thermofenster“ nicht vermutet werden. Demgemäß könne aus dessen bloßer Existenz nicht auf einen Schädigungsvorsatz des Herstellers geschlossen werden. Somit schied ein Schadenersatzanspruch des Käufers gegen den Fahrzeughersteller aus.

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 18.09.2019 – 12 U 123/18