RICHARD BOORBERG VERLAG

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20.08.2020

Hilfe für andere nur bei überschaubarem eigenem Risiko

    

Nimmt jemand fremde Aufgaben wahr, kann er einen hieraus entstehenden Schaden jedenfalls dann nicht ersetzt verlangen, wenn der Anlass für sein Verhalten und das dabei eingegangene Risiko in einem unangemessenen Verhältnis stehen (OLG Köln).

Eine über 70-jährige Frau war bei ihrer Tochter zu Besuch. Durch starken Regen drohte der hinter dem Grundstück der Tochter verlaufende Bach überzulaufen. Dies war auf Reisig zurückzuführen, das den Bachlauf an einer Stelle verstopft hatte, an der der Bach in einem Rohr unter einem Feldweg hindurchgeführt wurde. Bereits früher hatte es hier Überschwemmungen gegeben, bei denen Wasser in den Keller des Wohnhauses gelangt war.

Die Frau versuchte erfolglos, den für den Bach Verantwortlichen telefonisch zu erreichen. Daraufhin versuchte sie, die Verstopfung selbst zu beseitigen. Hierbei stürzte sie kopfüber in den Bach und zog sich erhebliche Verletzungen zu; zudem verlor sie ihre Brille.

Sie verlangte daraufhin von dem zuständigen Wasserverband die Zahlung von Schmerzensgeld und Schadenersatz, insgesamt 2000 €.

Zur Begründung verwies sie darauf, dass sie im Interesse der Behörde deren Aufgabe übernommen und hierbei einen Schaden erlitten habe.

Das Oberlandesgericht Köln lehnte jedoch jegliche Ansprüche gegen den Wasserverband ab.

Unsachgemäße Hilfeleistung Das Gericht betonte, dass die ältere Frau nicht im Interesse des Wasserverbandes tätig geworden sei. Sie habe zwar versucht, hoheitliche Aufgaben der Behörde wahrzunehmen, indem sie eine Verstopfung des überlaufenden Baches zu lösen versuchte.

Es sei jedoch nach objektiven Kriterien zu beurteilen, ob sie im Interesse des Wasserverbandes gehandelt habe. Dabei sei zu berücksichtigen, ob die Vorteile für die Wasserbehörde die anfallenden Kosten und die drohenden Risiken überwiegen würden. Unsachgemäße und über flüssige Maßnahmen lägen nicht im Interesse der Wasserbehörde.

Hiervon sei jedoch im vorliegenden Fall auszugehen: Mit dem gefahrträchtigen Versuch der über 70-jährigen Frau, eigenhändig eine Verstopfung der Bachverrohrung zu beseitigen, sei sie ein unverhältnismäßig hohes Risiko für ihre körperliche Unversehrtheit eingegangen. Dies habe nicht im Interesse der Wasserbehörde gelegen. Somit schieden Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche der Frau aus.

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
Beschlüsse des OLG Köln vom 14.01.2020 und vom 11.02.2020 - 7 U 311/19