RICHARD BOORBERG VERLAG

×

12.10.2023

Hawala-Banking-Organisation: Verurteilungen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an krimineller Vereinigung

  

Eine Organisation, die ein Hawala-Banking-System betreibt, ist als kriminelle Vereinigung im Sinne von § 129 Abs. 2 StGB zu qualifizieren. Dies hat der Bundesgerichtshof in zwei Verfahren erneut klargestellt. Mit dem Hawala-Banking- System können Kunden gegen Provision außerhalb des staatlich genehmigten Banken- und Finanzwesens Geld überweisen. In Deutschland ist Hawala-Banking jedoch verboten.

Das Landgericht Köln hat in einem ersten Verfahren mit Urteil vom 23.05.2022 drei Angeklagte des vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie teilweise zudem der Unterschlagung schuldig gesprochen. Es hat gegen sie Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren sowie zwei Jahren und acht Monaten sowie eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und acht Monaten verhängt; außerdem hat es Einziehungsentscheidungen getroffen. In einem weiteren Verfahren hat das LG einen Angeklagten mit Urteil vom 06.12.2022 wegen vorsätzlichen unerlaubten Erbringens von Zahlungsdiensten in Tateinheit mit mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung sowie Geldwäsche zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und Einziehungsanordnungen getroffen.

Der Bundesgerichtshof hat die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten im Wesentlichen verworfen; lediglich in dem ersten Verfahren hat er bezüglich einer Angeklagten die Einziehungsentscheidung korrigiert.

Nach den vom LG in beiden Verfahren getroffenen Feststellungen schlossen sich die Angeklagten sowie zwei nicht revidierende Mitangeklagte zu unterschiedlichen Zeitpunkten ab dem Jahr 2016 mit weiteren Personen zu einer konspirativ vorgehenden und arbeitsteilig organisierten Gruppierung unter der Führung eines gesondert Verfolgten zusammen. Die Organisation war darauf ausgerichtet, unter Gewährung absoluter Anonymität außerhalb des staatlich beaufsichtigten Finanzsektors provisionspflichtige Finanzdienstleistungen in Form von Geldtransfers nach Art des sog. Hawala- Bankings durchzuführen. Sie transferierte im Tatzeitraum von Februar 2018 bis zum 19.11.2019 Vermögenswerte im Gesamtwert von über 356 Mio. € von Deutschland in die Türkei. Das zweite Verfahren betraf den Tatzeitraum von April 2018 bis 29.01.2019.

Die Angeklagten haben mit ihren Revisionen in beiden Verfahren die Verletzung materiellen Rechts gerügt. Die Rechtsmittel hatten – mit Ausnahme einer Einziehungsentscheidung, die der Senat korrigiert hat – keinen Erfolg, da die durch sie veranlasste Überprüfung des Urteils keinen sonstigen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat. Der Senat hat damit erneut die rechtliche Qualifizierung einer ein Hawala-Banking- System betreibenden Organisation als kriminelle Vereinigung im Sinne von § 129 Abs. 2 StGB bestätigt. Die Urteile des LG sind nunmehr rechtskräftig.

Maßgebliche Vorschrift

§ 129 Abs. 1, Abs. 2 und Abs. 3 StGB lauten:

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet oder sich an einer Vereinigung als Mitglied beteiligt, deren Zweck oder Tätigkeit auf die Begehung von Straftaten gerichtet ist, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren bedroht sind. Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine solche Vereinigung unterstützt oder für sie um Mitglieder oder Unterstützer wirbt.

(2) Eine Vereinigung ist ein auf längere Dauer angelegter, von einer Festlegung von Rollen der Mitglieder, der Kontinuität der Mitgliedschaft und der Ausprägung der Struktur unabhängiger organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses.

(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, 1. wenn die Vereinigung eine politische Partei ist, die das Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt hat, 2. wenn die Begehung von Straftaten nur ein Zweck oder eine Tätigkeit von untergeordneter Bedeutung ist oder 3. soweit die Zwecke oder die Tätigkeit der Vereinigung Straftaten nach den §§ 84 bis 87 betreffen.

Autoren:
RDW-Redaktion
Quelle:
BGH, Beschlüsse vom 01.06.2023 – 3 StR 414/22 und vom 28.06.2023 – 3 StR 108/23.