Eine Frau kaufte im Sommer 2018 ein Haus. Sie wollte darin selbst wohnen. Später erfuhr die Käuferin davon, dass in dem Anwesen ein Verbrechen stattgefunden hatte: Vor mehr als 20 Jahren wurden dort eine Mutter und ihr Kleinkind getötet.
Liegt eine arglistige Täuschung vor?
Die Verkäuferin wusste selbst nichts von dem grausigen Verbrechen, als sie das Haus im Jahr 2004 kaufte. Sie erfuhr erst einige Jahre später davon. Sie erklärte die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und wollte den Kauf rückgängig machen. Bei der arglistigen Täuschung kommt es darauf an, dass jemand seinen Vertragspartner täuscht, sein Verhalten also darauf abzielt, in ihm eine unrichtige Vorstellung hervorzurufen, zu bestärken oder zu unterhalten. Dies kann auch geschehen, indem man Dinge verschweigt, die für den anderen offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind.
Gericht: Aufklärungspflicht gilt nicht zeitlich unbegrenzt
Das Landgericht Coburg wies die Klage ab. Die Verkäuferin habe sie beim Verkauf nicht arglistig getäuscht. Zum einen habe keine Hinweispflicht bestanden. Eine solche ungefragte Aufklärungspflicht bestehe immer dann, wenn der Vertragspartner redlicherweise einen entsprechenden Hinweis erwarten dürfe. Eine allgemeine Pflicht, Umstände zu offenbaren, die für den Vertragsschluss des anderen bedeutsam sein könnten, gebe es aber nicht. Über ein Verbrechen, das in einem Haus, das verkauft werden soll, stattgefunden habe, könne zwar eine Aufklärungspflicht bestehen. Diese gelte aber nicht zeitlich unbegrenzt. Die Bedeutung eines solchen Ereignisses werde im Laufe der Zeit für gewöhnlich immer weniger. Da seit dem Verbrechen bis zum Hauskauf mehr als 20 Jahre vergangen waren, hätte die Verkäuferin nicht mehr ungefragt darüber aufklären müssen.
Arglistiges Verschweigen nicht nachweisbar
Daneben argumentierte das Gericht, dass der Verkäuferin kein arglistiges Verschweigen nachgewiesen werden könne. Die Frau habe von dem Verbrechen zwar erst nach dem Hauskauf erfahren. Ihr habe es aber nach eigenen Aussagen nichts ausgemacht. Sie wohnte noch mehr als zehn Jahre, nachdem sie von den Morden erfahren hatte, darin. Demnach habe das Verbrechen auch beim Verkauf für sie keine große Rolle gespielt. Die Richter gingen daher nicht davon aus, dass die Verkäuferin dachte, die Käuferin hätte das Anwesen nicht gekauft, wenn sie von dem Doppelmord gewusst hätte.