RICHARD BOORBERG VERLAG

×

29.04.2021

Haftung bei Unfall im Parkhaus

  

Der Betreiber eines Parkhauses darf dort Verkehrszeichen verwenden, so insbesondere das Zeichen »Vorfahrt gewähren«. Diese Vorfahrtsregelung ist von den Nutzern des Parkhauses im Rahmen der Sorgfaltsanforderungen besonders zu beachten (LG Saarbrücken).

Ein Autofahrer fuhr mit seinem Pkw auf dem 5. Parkdeck eines Parkhauses in einer zur Ausfahrt führenden Parkgasse. Eine Autofahrerin näherte sich zur gleichen Zeit auf einer von rechts in die Fahrbahn des Autofahrers einmündende Parkgasse. Über der Zufahrt dieser Gasse war das Verkehrszeichen »Vorfahrt achten« angebracht.

Als der Autofahrer auf die Einmündung zufuhr, sah er die Frau von rechts kommen. Beide hielten ihre Fahrzeuge zunächst kurz an. Der Autofahrer, der das Vorfahrtsschild in der Gasse der Frau kannte, ging davon aus, sie lasse ihn passieren. Als er in den Einmündungsbereich einfuhr, fuhr auch die Autofahrerin los, sodass es zur Kollision kam.

Am Fahrzeug des Autofahrers entstand ein Schaden von 3 140 €. Die Haftpflichtversicherung der Autofahrerin ging von einem hälftigen Verschulden beider Verkehrsteilnehmer aus, und erstattete dem Mann 50 % des Schadens, also 1 570 €. Dies wollte der Autofahrer nicht hinnehmen. Er war der Auffassung, dass die Autofahrerin für den Zusammenstoß allein hafte; er klagte daher auf die weiteren 50 % in Höhe von 1 570 €. Beim Landgericht Saarbrücken hatte er damit zum Teil Erfolg.

Unfall war für beide Beteiligte nicht unvermeidbar

Zunächst stellte das Gericht klar, dass beide Wagenlenker bei optimaler Fahrweise das Unfallereignis hätten vermeiden können. Somit war davon auszugehen, dass beide in gewisser Höhe für die entstandenen Schäden hafteten. Das Gericht hatte daher eine Haftungsabwägung vorzunehmen.

Im Parkhaus galt die StVO

Das Gericht machte deutlich, dass in dem (privat betriebenen) Parkhaus die StVO galt. Sie regelt und lenkt den Verkehr auf öffentlichen Wegen und Plätzen. Öffentlich ist ein Verkehrsraum auch dann, wenn er entweder ausdrücklich oder mit stillschweigender Duldung des Verfügungsberechtigten (hier: Betreiber des Parkhauses) für jedermann oder für eine bestimmte größere Personengruppe zur Benutzung zugelassen ist. Bei der Eröffnung eines der Allgemeinheit zugänglichen Parkhauses sind diese Voraussetzungen nach Überzeugung des Gerichts unabhängig davon erfüllt, ob die Geltung der StVO durch eine vorhandene Beschilderung ausdrücklich angeordnet ist.

Zulässige Beschilderung durch Parkhausbetreiber

Im vorliegenden Fall hatten beide Beteiligten die allgemeinen Sorgfaltsanforderungen nach § 1 Abs. 2 StVO zu beachten. Hiernach hat »der, der am Verkehr teilnimmt, sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt … wird«. Diese Sorgfalt richtet sich nach den konkreten Anforderungen der Verkehrslage und den jeweiligen örtlichen Verhältnissen. Diese waren hier durch die eindeutige Beschilderung (»Vorfahrt gewähren«) aus Fahrtrichtung der Autofahrerin seitens des Parkhausbetreibers besonders ausgestaltet.

Die Verwendung von Verkehrszeichen außerhalb des öffentlichen Straßenverkehrs, etwa zur Verkehrsregelung auf privaten Grundstücken, ist nicht nur zulässig, sondern sogar erwünscht. Denn sie kann schadenersatzrechtlich eine Mithaftung begründen, da ihr Regelungsgehalt entsprechend zu beachten ist.

Demgemäß traf die Autofahrerin ein erheblicher Sorgfaltsverstoß, weil sie das aus ihrer Sicht gut erkennbare Verkehrszeichen missachtet hatte und so den Unfall mit dem auf der bevorrechtigten Fahrgasse fahrenden Fahrzeug verursacht hatte.

Ein Verstoß des Autofahrers gegen die Sorgfaltspflichten war demgegenüber nicht feststellbar. Denn die Autofahrerin hatte ihr Fahrzeug – wie in der Beweisaufnahme im Prozess festgestellt – an der Einmündung zunächst angehalten. Der Autofahrer durfte daher darauf vertrauen, dass sie sein Vorfahrtsrecht beachten werde.

Somit kam letztlich eine Mithaftung des Autofahrers nur in geringem Umfang in Betracht. Das Gericht ging abschließend somit von einem75-prozentigen Verschulden der Autofahrerin an dem Haftungsereignis aus, sodass ihre Kfz-Haftpflichtversicherung letztlich noch weitere 785 j an den Autofahrer zu zahlen hatte.

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 23. 12. 2020 – 13 S 122/20