RICHARD BOORBERG VERLAG

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03.01.2020

Früherer Mietwagen ist kein »Werkswagen«

  

Unter den Begriff »Werkswagen« fallen nur Fahrzeuge eines Herstellers, die entweder im Werk zu betrieblichen Zwecken genutzt oder von einem Mitarbeiter vergünstigt gekauft wurden, um anschließend auf dem freien Markt weiterverkauft zu werden. Bietet ein Gebrauchtwagenhändler dagegen unter der Bezeichnung »Werkswagen« auch Fahrzeuge an, die vom Fahrzeughersteller einem Mietwagenunternehmen zur Verfügung gestellt worden sind, muss er den Käufer hierüber aufklären (OLG Koblenz).

Ein gewerblicher Kfz-Händler verkaufte auch Gebrauchtwagen, die zuvor von einer internationalen Autovermietung als Mietwagen genutzt worden waren. Ein Ehepaar kaufte ein solches Auto, wobei das Fahrzeug im Kaufvertrag ausdrücklich mit dem Zusatz »Werkswagen der Adam Opel AG« bezeichnet war. Nach Unterzeichnung des Kaufvertrags erhielten die Eheleute vom Händler die Fahrzeugpapiere. Aus diesen ergab sich, dass ein Mietwagenunternehmen als vorheriger Halter ausgewiesen war. Hierauf ließen die Käufer den Wagen unmittelbar vor Ort stehen. Sie verlangten die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Sie waren der Auffassung, das Fahrzeug sei mangelhaft, weil es sich nicht um einen »Werkswagen « handle. Hierunter fällt nach ihrem Verständnis das von einem Werksmitarbeiter genutzte Fahrzeug, das dieser zu günstigeren Konditionen vom Hersteller gekauft oder geleast hat.

Dem hielt der Autohändler entgegen, dass der Begriff des Werkswagens von der Adam Opel AG in verschiedenen Spielarten genutzt werde. Werkswagen würden in unterschiedlichen Arten angeboten. Einmal solche, die aus der Mitarbeitervermietung (Leasing) stammten, dann solche, die vom Hersteller selbst als Geschäftswagen intern genutzt worden seien und schließlich solche, die einer internationalen Autovermietung entgeltlich zur Verfügung gestellt worden seien. Die Klage auf Rückabwicklung des Kaufvertrags hatte beim Oberlandesgericht Koblenz Erfolg.

Fehlende Beschaffenheit als Werkswagen

Nach Auffassung der Richter war das verkaufte Fahrzeug sachmangelhaft, weil es nicht die vereinbarte Beschaffenheit als Werkswagen aufwies.

Die Frage, was unter dem Begriff eines Werkswagens zu verstehen sei, beurteile sich nach dem allgemeinen Rechtsverkehr der beteiligten Kreise. Hiernach handelt es sich bei einem Werkswagen um ein Fahrzeug eines Automobilherstellers, das entweder im Werk zu betrieblichen Zwecken genutzt oder von einem Mitarbeiter vergünstigt gekauft, eine gewisse Zeit genutzt und dann auf dem freien Markt weiterveräußert wird. Eine Nutzung als Mietwagen durch ein großes Mietwagenunternehmen sei hingegen üblicherweise mit dem Begriff Werkswagen nicht verbunden. Somit liege die vertraglich vorgesehene Beschaffenheit des Fahrzeugs als Werkswagen hier nicht vor, da es nicht von Mitarbeitern des Herstellers genutzt worden war, sondern – ohne jeglichen Bezug zum Hersteller – als Mietwagen. Dass der Autohersteller den Begriff Werkswagen intern möglicherweise weiter gefasst hatte, sei hier unerheblich. Für die Auslegung des Vertragsinhalts des Kaufvertrags komme es grundsätzlich nur darauf an, wie die Vertragspartner, also hier die Käufer, diesen Begriff nach dem üblichen Sprachgebrauch im Automobilhandel verstehen durften. Hier sei es nach Einschätzung des Gerichts sozusagen allgemeinkundig, dass ein Werkswagen einen Bezug zum Hersteller aufweisen müsse, was bei einer zwischenzeitlichen Überlassung an eine Autovermietung nicht der Fall sei.

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 25.07.2019 – 6 U 80/19