RICHARD BOORBERG VERLAG

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09.03.2020

Drohung mit Sperre des Mobilfunkanschlusses kann rechtswidrig sein

    

Droht ein Mobilfunkunternehmen einem Kunden an, im Fall der Nichtzahlung einer umstrittenen Gebührenforderung den Anschluss zu sperren, ist dies eine unlautere aggressive geschäftliche Handlung, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Anschlusssperre nicht erfüllt sind.

Ein Mobilfunkanbieter übersandte einer Kundin eine Rechnung über 1.300 €, die die Position „GPS-Auslandsverbindungsaufkommen“ enthielt. Die Kundin beanstandete die Rechnungshöhe. Sie verwies darauf, dass sie lange Jahre stets in etwa dieselbe, deutlich niedrigere Monatsrechnung aufgewiesen habe. Der Mobilfunkanbieter verwies zur Rechtfertigung seiner Forderung auf einen von ihm eingeholten Prüfbericht des Netzbetreibers; gleichwohl erteilte er eine Kulanzgutschrift in Höhe der Hälfte des Betrags. Die verbleibende Forderung mahnte er jedoch ausdrücklich an. Zugleich verwies er darauf, dass er sich im Fall nicht fristgerechter Zahlung die Sperre des Mobilfunkanschlusses vorbehalte.

Ein Verbraucherschutzverband hielt diese Vorgehensweise für wettbewerbswidrig. Diese Auffassung teilte auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main: Der Mobilfunkanbieter dürfe säumigen Verbrauchern gegenüber keine Anschlusssperre androhen, wenn die geltend gemachte Forderung nach Abzug der strittigen Rechnungspositionen weniger als 75 € betrage.

Aggressive Geschäftspraxis

Die Richter verwiesen auf § 4 a UWG. Hiernach handelt unlauter, wer eine aggressive geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer Entscheidung zu veranlassen, die dieser anderenfalls nicht getroffen hätte. Hierzu zählt das Gesetz ausdrücklich eine Nötigungshandlung oder eine unzulässige Beeinflussung des Verbrauchers. Insbesondere eine rechtlich unzulässige Drohung mit Vertragsbruch falle in diesen Anwendungsbereich.

Diese Drohung, den Mobilfunkanschluss bei nicht fristgerechter Zahlung zu sperren, sei ein empfindliches Übel für den Anschlussinhaber. Denn der Verbraucher sei in aller Regel auf den Mobilfunkanschluss dringend angewiesen. Viele Verbraucher verfügten nicht über einen zusätzlichen Festnetzanschluss, sondern wickelten ihre gesamte Kommunikation über den Mobilfunkanschluss ab.

Rechtlich unzulässige Drohung

Mobilfunkunternehmen können gegenüber ihren Kunden eine Sperre wegen (angeblichem) Zahlungsrückstands nur durchführen, wenn der Teilnehmer nach Abzug der streitigen Rechnungspositionen mit seinen Zahlungspflichten noch in Höhe von mindestens 75 € in Rückstand ist.

Hier hatte sich die Kundin nicht mit diesem Mindestbetrag in Verzug befunden, da die angemahnte Forderung um den beanstandeten Betrag (hier: Auslandsverbindungsaufkommen) zu kürzen gewesen sei. Diese Rechnungsposition hatte die Kundin auch ausreichend begründet beanstandet. Denn hier stellte die im Vergleich zu früheren Zeiträumen ungewöhnliche Höhe der Forderung einen äußeren Umstand dar, der Zweifel an der richtigen Erfassung des Gesprächsvolumens aufkommen ließ. Einen weiteren Sachvortrag des Kunden wegen der umstrittenen Höhe der Rechnung könne von diesem nicht verlangt werden – so das Gericht –, da der Kunde keinen Zugriff auf die Erfassungsdaten habe.

Somit stellte sich die Drohung mit einer Anschlusssperre im vorliegenden Fall als wettbewerbswidrige Handlung dar.

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 24.10.2019 – 6 U 147/18