Im Jahr 1969 schlossen sich 40 kleinere Brauereien in Deutschland zur Mittelstandsvereinigung „Die Freien Brauer“ zusammen. Die Vereinigung koordinierte unter anderem den Einkauf von Rohstoffen bei der Südzucker AG.
Nachdem das Bundeskartellamt der Südzucker wegen illegaler Preisabsprachen Bußgelder auferlegt hatte, traten 14 Brauereien ihre Schadensersatzansprüche an die Vereinigung ab. Die Landgerichte Mannheim und Karlsruhe wiesen die Klagen der Brauereien ab, weil sie der Auffassung waren, dass die Kommanditgesellschaft „Die Freien Brauer“ nicht über eine Erlaubnis nach § 3 des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) verfüge.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Urteil der Vorinstanzen aufgehoben. Die Abtretung der Schadensersatzansprüche sei nicht nach § 134 BGB nichtig, befand der Kartellsenat des BGH.
Zwar habe es sich bei der Abtretung um eine Rechtsdienstleistung gehandelt. Denn dies sei „jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert“. Auch sei die Kommanditgesellschaft „Die Freien Brauer“ in fremden Angelegenheiten tätig geworden, weil die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche vorrangig im wirtschaftlichen Interesse der jeweiligen Brauerei liege.
Allerdings greife hier die Ausnahme des § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG. Danach sind Rechtsdienstleistungen erlaubt, die „berufliche oder andere zur Wahrung gemeinschaftlicher Interessen gegründete Vereinigungen und deren Zusammenschlüsse“ für ihre Mitglieder erbringen. Diese dürfen nur gegenüber der Erfüllung der übrigen Satzungsaufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sein. Dann aber können die rechtlichen Aktivitäten durch eine juristische Person erbracht werden, die im alleinigen wirtschaftlichen Eigentum eines solchen Zusammenschlusses steht.
Aus Sicht der Bundesrichter haben die Vorinstanzen zu Unrecht angenommen, dass eine solche Vereinigung keinem Gewerbe nachgehen dürfe. Für eine Beschränkung auf Idealvereine oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts gebe die Vorschrift nichts her. Damit sei auch eine Kommanditgesellschaft erlaubt – ebenso wie eine GmbH & Co. KG.
Die Richter des BGH begründen ihre Entscheidung damit, dass Rechtsbetreuungseinrichtungen nach anderen Maßstäben zu beurteilen seien als Tätigkeiten, die auf einen Verdienst bei der Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten zielen. Denn eine „echte Betreuungstätigkeit durch berufliche oder zur Wahrung gemeinsamer Interessen gegründete Vereinigungen“ begründe keine Gefahren für die Rechtsuchenden, denen das Gesetz ansonsten entgegentreten wolle.
Im konkreten Fall sah der BGH, dass die „Freien Brauer“ über übergeordnete Ziele und Zwecke verfügen, die „gemeinschaftlich und überindividuell“ sind. Dazu gehöre insbesondere der gemeinsame Einkauf von Rohstoffen, mit dem niedrigere Beschaffungspreise erreicht und damit letztlich auch die Wettbewerbschancen gegenüber den großen Brauereien verbessert werden sollten. Wenn dieses Anliegen durch ein Kartell von Zuckerherstellern gefährdet wird, stehen für den BGH Schadensersatzforderungen damit in einem engen Zusammenhang.
Die Richter des BGH stellten klar, dass die Rechtsberatung durch die „Freien Brauer“ nicht unentgeltlich erfolgen muss. Die Vereinigung sei berechtigt, ihren Mitgliedern nach einem ihr freigestellten Verteilungsschlüssel etwa die an ihre Angestellten gezahlten Gehälter, Entschädigungen an Beauftragte oder allgemeine Bürounkosten in Rechnung zu stellen – „ohne dass dabei eine kleinliche Betrachtungsweise erforderlich wäre“.
Folgen
Die Entscheidung des BGH hat weitreichende Folgen für Mittelstandsvereinigungen. Sie können nun auch über eine Kommanditgesellschaft Rechtsdienstleistungen für ihre Mitglieder erbringen, ohne dass eine Erlaubnis nach § 3 RDG erforderlich ist. Dies gilt auch für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.
Die Entscheidung ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Rechtsposition von Mittelstandsvereinigungen. Sie ermöglicht es diesen, ihre Mitglieder effektiver bei der Durchsetzung ihrer Rechte zu unterstützen.
Fazit
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Abtretung von Schadensersatzansprüchen an eine Kommanditgesellschaft, die als Mittelstandskartell gegründet wurde, nicht nach § 134 BGB nichtig ist. Die Kommanditgesellschaft ist nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 RDG berechtigt, Rechtsdienstleistungen für ihre Mitglieder zu erbringen, wenn diese gegenüber der Erfüllung der übrigen Satzungsaufgaben nicht von übergeordneter Bedeutung sind.