RICHARD BOORBERG VERLAG

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07.11.2020

Apotheke: Keine Geschenkzugabe für Rezepteinlösung

Bundesverwaltungsgericht

Inländische Apotheken dürfen ihren Kunden beim Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel keine Vorteile in Form von geringwertigen Sachleistungen gewähren.

Eine Apothekerin gab Werbeflyer mit Gutscheinen heraus, die bei Abgabe eines Rezepts gegen eine Rolle Geschenkpapier oder ein Paar „Kuschelsocken“ eingelöst werden konnten. Die zuständige Apothekerkammer untersagte der Apothekerin daraufhin, »gekoppelt mit dem Erwerb von verschreibungspflichtigen oder sonstigen preisgebundenen Arzneimitteln, Vorteile wie etwa eine Rolle Geschenk Papier, ein paar Kuschelsocken oder Gutscheine hierfür zu gewähren sowie dafür zu werben«. Zur Begründung verwies die Apothekerkammer auf ihre Berufsordnung, die es Apothekern verbietet, preisgebundene Arzneimittel unter Einräumung von Rabatten oder sonstigen geldwerten Vorteilen an die Kunden abzugeben. Ebenso wie die Vorinstanzen wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen die Untersagungsverfügung gerichtete Klage der Apothekerin ab.

Preisbindung rezeptpflichtiger Arzneimittel

Nach Auffassung des Gerichts verstieß die Apothekerin dadurch, dass sie ihren Kunden für den Erwerb eines rezeptpflichtigen Arzneimittels eine Sachzuwendung versprach und gewährte, gegen die arzneimittelrechtliche Preisbindung. Gemäß § 78 des Arzneimittelgesetzes ist für verschreibungspflichtige Arzneimittel ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Die Einzelheiten der Preisberechnung sind in der Arzneimittelpreisverordnung geregelt. Zwar habe – so das Bundesverwaltungsgericht – der Gerichtshof der Europäischen Union im Jahr 2016 entschieden, dass die Festlegung eines einheitlichen Apothekenabgabenpreises für verschreibungspflichtige Arzneimittel eine unzulässige Beschränkung des freien Warenverkehrs in der EU darstelle. Daher sei die deutsche Arzneimittelpreisverordnung nicht auf Versandapotheken mit Sitz im EU-Ausland anwendbar. Diese könnten somit bei Versand an Kunden in Deutschland Rabatte auf verschreibungspflichtige Arzneimittel einräumen; hierdurch würden die deutschen Apotheken, für die die Arzneimittelpreisbindung weiterhin gelte, nicht unsachgemäß und unverhältnismäßig in ihrer Berufsfreiheit verletzt. Denn angesichts des bislang geringen Marktanteils der ausländischen Arzneimittelversender an der Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln in Deutschland insgesamt sei die Preisbindung für inländische Apotheken weiterhin zumutbar. Im Übrigen dienten die gesetzlichen Regelungen über die Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls. Sie sind geeignet – so das Gericht abschließend – einen Preiswettbewerb zwischen den inländischen Apotheken zu verhindern, um das gesetzgeberische Ziel zu fördern, eine flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln sicherzustellen.

Anmerkung

Zu beachten ist, dass die Preisbindung ausschließlich für verschreibungspflichtige Arzneimittel gilt, nicht jedoch für in der Apotheke erhältliche rezeptfreie Medikamente.

Autoren:
Klaus Krohn
Quelle:
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.07.2020 – 3 C 20.18