RICHARD BOORBERG VERLAG

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04.04.2019

  

Zwangsvollstreckung: Keine Pfändung von Sonntags- und Feiertagszuschlägen

  

Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit sind innerhalb der Steuerfrei-Grenzen des Lohnsteuerrechts unpfändbar; Zulagen für Samstagsarbeit hingegen unterliegen der Zwangsvollstreckung (BGH).

Ein Bademeister arbeitete bei einer Gemeinde in einem Freibad. Dort war er während der Badesaison regelmäßig auch an Wochenenden und Feiertagen eingesetzt. Er erhielt Zuschläge zu seinem Lohn für die Arbeit an Samstagen ab 13:00 Uhr, an Sonntagen und an Feiertagen.

Im Jahr 2015 wurde über sein Privatvermögen ein Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. In dessen Durchführung beantragte er die gerichtliche Anordnung, dass die von ihm erzielten Feiertags- und Wochenendzuschläge unpfändbar sind. Nach unterschiedlichen Entscheidungen der Vorinstanzen war schließlich der Bundesgerichtshof1 der Auffassung, dass die von dem Bademeister erzielten Zuschläge für Sonntags- und Feiertagsarbeit innerhalb gewisser Grenzen nicht der Pfändung unterliegen; allerdings seien die von ihm bezogenen Zulagen für die Samstagsarbeit pfändbar.

Sonntags- und Feiertagszulage als »Erschwerniszulage«

Nach den einschlägigen Vorschriften der Insolvenzordnung sind bestimmte Zahlungen unpfändbar. So etwa Aufwandsentschädigungen, Auslösungsgelder, Entgelt für selbstgestelltes Arbeitsmaterial, Gefahrenzulagen sowie Schmutz- und Erschwerniszulagen, soweit diese Bezüge den Rahmen des Üblichen nicht übersteigen.  Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs handelt es sich bei Zulagen für Sonntagsund Feiertagsarbeit um solche »Erschwerniszulagen « im Sinne der Vollstreckungsvorschriften, sodass diese Zahlungen im Rahmen des Üblichen unpfändbar sind; demgegenüber seien Zulagen für Samstagsarbeit durchaus pfändbar.

Zur Begründung verwiesen die Richter auf folgende Überlegung: Die Zwangsvollstreckungsregeln verfolgten einerseits das Ziel, dem Gläubiger einen Weg zu eröffnen, eine berechtigte Forderung auch tatsächlich durchsetzen zu können.  Andererseits dienten diese Regelungen auch dem Interesse des Zahlungspflichtigen, seine Existenzgrundlage zu sichern. Eine besondere Lage der Arbeitszeit könne vor diesem Hintergrund dann zu einem Pfändungsschutz unter dem Gesichtspunkt einer »Erschwerniszulage« führen, wenn die Lage der Arbeitszeit nicht nur als ungünstig, sondern als besonders belastend anzusehen sei. Dies sei eben bei Zulagen für Sonntags- und Feiertagsarbeit der Fall, wie sich dies auch aus den Sonderregelungen des Arbeitszeitgesetzes ergebe. Für die Arbeit an Samstagen fehle es hingegen an einer entsprechenden gesetzlichen Wertung.

Pfändbarkeit im Rahmen des Üblichen

Erschwerniszulagen für Sonntags- und Feiertagsarbeit sind hiernach grundsätzlich unpfändbar, jedoch lediglich im Rahmen des Üblichen. Zur Bestimmung des Rahmens des Üblichen kann an die Regelung in § 3 b EStG angeknüpft werden. Nach dieser Vorschrift sind Zuschläge für geleistete Sonntagsarbeit bis zu 50 % des Grundlohns und Feiertagszuschläge bis zu 125 % des Grundlohns lohnsteuerfrei. Zuschläge für Samstagsarbeit sind hingegen keine Erschwerniszulagen; auch in § 3 b EStG sind derartige Zuschläge nicht den Sonn- und Feiertagszuschlägen steuerlich begünstigt gleichgestellt.

Somit stand als Ergebnis für den Bundesgerichtshof fest, dass die Zuschläge für die geleistete Samstagsarbeit des Bademeisters grundsätzlich pfändbar waren, nicht jedoch hingegen die Zuschläge, die für die Sonntags- und Feiertagsarbeit gezahlt worden waren.  

Anmerkung: 

Diese Auffassung, wonach Zulagen für Sonntags- und Feiertagsarbeit Erschwerniszulagen und damit unpfändbar sind, vertritt auch das Bundesarbeitsgericht. Denn die Lage dieser Arbeitszeit sei nicht nur als ungünstig, sondern als besonders belastend anzusehen.

Der Bundesgerichtshof selbst hatte in einer Entscheidung aus dem Jahr 2016 bereits klargestellt, dass Nachtarbeitszuschläge ebenfalls als Erschwerniszulagen unpfändbar sind, soweit sie im Rahmen der steuerlichen Vorschrift § 3 b EStG steuerfrei sind. Denn die Erbringung von Arbeit zur Nachtzeit sei generell mit gesundheitlichen Risiken für den Arbeitnehmer verbunden und stelle eine Erschwernis seiner Arbeit dar. Das rechtfertige es, zur Abgeltung dieser Erschwernis gezahlte Nachtarbeitszuschläge unpfändbar zu belassen, soweit sie die Werte des § 3 b EStG nicht überschreiten.

Klaus Krohn
Quelle:
Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 20. 09. 2018 – IX ZB 41/16