RICHARD BOORBERG VERLAG

×

27.01.2020

  

Wer sich in Gefahr begibt – Haftung für Verletzung durch Hundekampf

  

Wird eine Hundehalterin beim Kampf ihres eigenen Hundes mit einem angreifenden anderen Hund verletzt, so muss sie sich die Tiergefahr des eigenen Hundes anrechnen lassen, sofern nicht eindeutig bewiesen werden kann, dass allein der andere Hund für die Verletzung verantwortlich war.

Eine Frau führte ihren Hund, einen Retriever, in einem innerörtlichen Park aus. Der Hund war nicht angeleint. Nach einiger Zeit begegnete sie einem Hundehalter, der seinen – ebenfalls nicht angeleinten – Schäferhund ausführte. Obwohl beide Parteien noch versuchten, ihre Hunde festzuhalten, kam es zum Kampf zwischen den Hunden.

Die Frau wurde in die Hand gebissen; sie zog sich eine offene Mittelhandfraktur durch den Biss des Schäferhunds zu. Nach der Operation dieser Verletzungen erlitt sie am selben Tag eine Lungenembolie und einen Schlaganfall mit schwerwiegenden Langzeitfolgen.

Sie verlangte gerichtlich Schadenersatz und Schmerzensgeld. Sie trug vor, sie habe ihren Retriever am Halsband festgehalten. Der Schäferhund sei auf sie zugelaufen und habe sie in die Hand gebissen. Der Halter des Schäferhunds behauptete, die Frau habe versucht, die laufenden Hunde mit bloßen Händen zu trennen, wodurch es zu der Verletzung gekommen sei.

Das Landgericht Mannheim verurteilte den Hundehalter zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 50 000 € und stellte seine volle, alleinige Haftung fest, da er seinen Hund nicht unter Kontrolle gehabt habe, obwohl ihm die Aggressivität des Hundes bekannt gewesen sei. Eine Lungenembolie und ein Schlaganfall seien zwar keine typischen Folgen eines Hundebisses, aber hier nach Sachverständigengutachten durch den Biss eindeutig verursacht gewesen.

Dies wollte der Halter des Schäferhunds nicht akzeptieren und zog vor das Oberlandesgericht Karlsruhe.

Hälftiges Mitverschulden der verletzten Hundehalterin

Die Richter beim Oberlandesgericht entschieden, dass der Schäferhund-Halter lediglich zur Hälfte für die Folgen des Hundebisses hafte, also ein Schmerzensgeld in Höhe von 25 000 € zu zahlen habe.

Zwar sei die Verletzung der Frau durch den Schäferhund (mit-) verursacht worden. Dies habe zur Folge, dass dessen Halter für den Schaden hafte (Tierhalterhaftung, § 833 BGB). Unerheblich sei insoweit, welcher der beiden Hunde die Frau gebissen habe. Andererseits müsse sie sich jedoch die Tiergefahr ihres eigenen Hundes anrechnen lassen. Denn beide Hunde hatten die Rauferei, die letztlich zu der Verletzung geführt hatte, verursacht; daher sei sowohl die Tiergefahr des Schäferhunds als auch die Tiergefahr des eigenen Retrievers zu berücksichtigen gewesen.

Der konkrete Ablauf, wie es genau zu der Verletzung gekommen war, war nicht mehr aufzuklären. Weder ein persönliches Verschulden des Schäferhund-Halters, etwa deshalb, weil ihm bekannt war, dass der Hund aggressiv ist, noch ein eigenes Verschulden der verletzten Frau, etwa durch Eingreifen in die Hunderauferei, konnte vom Gericht in der Beweisaufnahme festgestellt werden.

Deshalb sei von einem hälftigen Verschulden beider Hunde bzw. der jeweiligen Hundehalter auszugehen.

Klaus Krohn
Quelle:
Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18.09.2019 – 7 U 24/19