Integration, Migration, Flucht
(...) Mit einer aktiven und ordnenden Politik wollen wir Migration vorausschauend und realistisch gestalten. Wir werden irreguläre Migration reduzieren und reguläre Migration ermöglichen. (...)
Aufenthalts- und Bleiberecht
Wir wollen die Visavergabe beschleunigen und verstärkt digitalisieren. Auch um transnationale Arbeitsmigration zu ermöglichen, wollen wir, dass Aufenthaltsgenehmigungen nicht bei vorübergehenden Auslandsaufenthalten erlöschen. Wir streben ein in sich stimmiges, widerspruchsfreies Einwanderungsrecht an, das anwenderfreundlich und systematisiert idealerweise in einem Einwanderungs- und Aufenthaltsgesetzbuch zusammengefasst wird. Wir werden das komplizierte System der Duldungstatbestände ordnen und neue Chancen für Menschen schaffen, die bereits ein Teil unserer Gesellschaft geworden sind: Gut integrierte Jugendliche sollen nach drei Jahren Aufenthalt in Deutschland und bis zum 27. Lebensjahr die Möglichkeit für ein Bleiberecht bekommen (§ 25a Aufenthaltsgesetz, AufenthG).
Besondere Integrationsleistungen von Geduldeten würdigen wir, indem wir nach sechs bzw. vier Jahren bei Familien ein Bleiberecht eröffnen (§ 25b AufenthG). Der bisherigen Praxis der Kettenduldungen setzen wir ein Chancen-Aufenthaltsrecht entgegen: Menschen, die am 1. Januar 2022 seit fünf Jahren in Deutschland leben, nicht straffällig geworden sind und sich zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen, sollen eine einjährige Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten können, um in dieser Zeit die übrigen Voraussetzungen für ein Bleiberecht zu erfüllen (insbesondere Lebensunterhaltssicherung und Identitätsnachweis gemäß §§ 25 a und b AufenthG).
Wir wollen Geduldeten in der Ausbildung und ihren Betrieben mehr Rechtssicherheit durch eine Aufenthaltserlaubnis (§ 60 c AufenthG) verleihen. Die Beschäftigungsduldung wollen wir entfristen und Anforderungen realistisch und praxistauglicher fassen. Die „Duldung light“ schaffen wir ab. Tragen Geduldete nicht zur Klärung ihrer Identität bei, wird der Zeitraum der Duldung nicht für ein Bleiberecht angerechnet. Wir werden die Klärung der Identität einer Ausländerin oder eines Ausländers um die Möglichkeit, eine Versicherung an Eides statt abzugeben, erweitern und werden hierzu eine gesetzliche Regelung im Ausländerrecht schaffen.
Arbeitsverbote für bereits in Deutschland Lebende schaffen wir ab. Einem an sich bestehenden Anspruch auf Erteilung einer Aufent haltserlaubnis steht ein laufendes Asylverfahren nicht entgegen, sofern bei Einreise die Voraussetzungen für die Aufenthaltserlaubnis bereits vorlagen. (...)
Integration
Für eine möglichst rasche Integration wollen wir für alle Menschen, die nach Deutschland kommen von Anfang an Integrationskurse anbieten. Die Kurse müssen passgenau und erreichbar sein. Die Bedingungen für Kursträger, Lehrende und Teilnehmende wollen wir verbessern. Kinder und Jugendliche sollen schnell Zugang zu Bildung bekommen. Deswegen wollen wir schulnahe Angebote kurz nach ihrer Ankunft in Deutschland. (...)
Die Migrationsberatung des Bundes (Jugendmigrationsdienste, Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderinnen und Zuwanderer) und die Migrantenselbstorganisationen werden wir angemessen fördern. Für eine schnelle und nachhaltige Arbeitsmarktintegration werden wir die auf den Integrationskursen aufbauenden Berufssprachkurse stärker fördern und die Mittel verstetigen. (...)
Asylverfahren
Asylverfahren müssen fair, zügig und rechtssicher ablaufen. Für schnellere Verfahren wollen wir das Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entlasten. Deshalb wird die Widerrufsprüfung künftig wieder anlassbezogen erfolgen. Auch werden wir dafür sorgen, dass Verwaltungsgerichte durch qualitativ hochwertige Entscheidungen des BAMF entlastet werden. Wir wollen schnellere Entscheidungen in Asylprozessen sowie eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung und werden dazu zügig einen Gesetzentwurf vorlegen. (...)
Familienzusammenführung muss im Sinne der Integration und der Aufnahmefähigkeit der Gesellschaft gestaltet werden. Wir werden die Familienzusammenführung zu subsidiär Geschützten mit den GFK-Flüchtlingen gleichstellen. Wir werden beim berechtigten Elternnachzug zu unbegleiteten Minderjährigen die minderjährigen Geschwister nicht zurücklassen. Zum Ehepartner oder zur Ehepartnerin nachziehende Personen können den erforderlichen Sprachnachweis auch erst unverzüglich nach ihrer Ankunft erbringen. (...)
Europäische und internationale Flüchtlingspolitik
Wir wollen neue praxistaugliche und partnerschaftliche Vereinbarungen mit wesentlichen Herkunftsländern unter Beachtung menschenrechtlicher Standards schließen. Diese Vereinbarungen sollen ein Gesamtkonzept umfassen wie z.B. den Ausbau von wirtschaftlicher Zusammenarbeit, Technologie-Transfer, Visa-Erleichterungen, Qualifizierungsmaßnahmen für den deutschen Arbeitsmarkt, Jobbörsen und die Zusammenarbeit bei der Rückkehr abgelehnter Asylsuchender. (...)
Es ist eine zivilisatorische und rechtliche Verpflichtung, Menschen nicht ertrinken zu lassen. Die zivile Seenotrettung darf nicht behindert werden. Wir streben eine staatlich koordinierte und europäisch getragene Seenotrettung im Mittelmeer an und wollen mit mehr Ländern Maßnahmen wie den Malta- Mechanismus weiterentwickeln. Wir streben eine faire Verantwortungsteilung zwischen den Anrainerstaaten des Mittelmeers bei der Seenotrettung an und wollen sicherstellen, dass Menschen nach der Rettung an sichere Orte gebracht werden. (...)
Außen, Sicherheit, Verteidigung, Entwicklung, Menschenrechte
(...) Der Einsatz für Frieden, Freiheit, Menschenrechte, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Nachhaltigkeit ist für uns ein unverzichtbarer Teil einer erfolgreichen und glaubwürdigen Außenpolitik für Deutschland und Europa. (...)
Für eine restriktive Rüstungsexportpolitik brauchen wir verbindlichere Regeln und wollen daher mit unseren europäischen Partnern eine entsprechende EU-Rüstungsexportverordnung abstimmen. Wir setzen uns für ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz ein. Unser Ziel ist es, den gemeinsamen Standpunkt der EU mit seinen acht Kriterien sowie die Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern, die Kleinwaffengrundsätze und die Ausweitung von Post- Shipment-Kontrollen in einem solchen Gesetz zu verankern. Nur im begründeten Einzelfall, der öffentlich nachvollziehbar dokumentiert werden muss, kann es Ausnahmen geben. Den Rüstungsexportkontrollbericht werden wir transparent gestalten. Wir erteilen keine Exportgenehmigungen für Rüstungsgüter an Staaten, solange diese nachweislich unmittelbar am Jemen-Krieg beteiligt sind. (...)
Verteidigung und Bundeswehr
(...) Wir stärken die rüstungstechnische Zusammenarbeit in Europa insbesondere mit hochwertigen Kooperationsprojekten, berücksichtigen dabei die nationalen Schlüsseltechnologien und ermöglichen kleinen und mittelständischen Unternehmen auch am Wettbewerb teilzunehmen. Ersatzbeschaffungen und marktverfügbare Systeme sind bei der Beschaffung zu priorisieren, um Fähigkeitslücken zu vermeiden. (...)
Den neuen Bedrohungen im Cyberspace wollen wir durch eine ehrgeizige Cybersicherheitspolitik entgegentreten. Die Bundeswehr muss zudem in die Lage versetzt werden, im Verbund mit anderen Bundesbehörden im Cyber- und Informationsraum als Akteur erfolgreich zu bestehen. Die parlamentarische Kontrolle über den Einsatz von Cyber-Fähigkeiten der Bundeswehr muss gewährleistet sein. (...)
Alle Angehörigen der Bundeswehr müssen unzweifelhaft auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen. Wir werden Dienst- und Arbeitsrecht anpassen, um Extremistinnen und Extremisten umgehend aus dem Dienst entlassen zu können. (...)
Entwicklungszusammenarbeit
(...) Gemeinsam mit Gewerkschaften, Unternehmen und Zivilgesellschaft setzen wir uns für faire und formelle Arbeitsbedingungen sowie existenzsichernde Löhne weltweit ein. Durch den Aufbau sozialer Sicherungssysteme wollen wir unsere Partnerländer aktiv im Kampf gegen Armut unterstützen. Wir wollen hierfür auch ein internationales Finanzierungsinstrument (Global Fund for Social Protection) für diejenigen Länder, die keine ausreichenden Ressourcen zur Verfügung haben, unterstützen.
Mit Klima- und Entwicklungspartnerschaften fördern wir beidseitigen Wissens- und Technologietransfer, den Ausbau Erneuerbarer Energien mit eigenständiger Wertschöpfung und lokalen Nutzungsmöglichkeiten, nachhaltige Infrastruktur und weitere Klimaschutzund Anpassungsmaßnahmen in unseren Partnerländern. Dazu gehören auch Maßnahmen zum Erhalt der Biodiversität, zur Stärkung der Klimaresilienz, zur Überwindung von Energiearmut und am Verursacherprinzip orientierte Klimarisikoversicherungen. Zur Erreichung der Klimaziele werden wir mehr in den Schutz bestehender Wälder und Moore und nachhaltige Aufforstungen investieren. Wir verstärken hierzu insbesondere unsere Ansätze zur Förderung der privatwirtschaftlichen und kleinbäuerlichen nachhaltigen Forstwirtschaft. Wir werden die Partnerländer bei ihrer stark ansteigenden Urbanisierung dabei unterstützen, diesen Prozess ressourcenschonend und klimasensibel zu gestalten und zu administrieren. Wir stärken die globale Gesundheitsarchitektur im Rahmen des One Health-Ansatzes. (...)
(Wird fortgesetzt.)