Herr A und Frau B waren nichteheliche Eltern eines Kindes. Sie hatten sich bereits vor der Geburt getrennt. Das Kind wurde von der Mutter betreut und versorgt.
Sie verlangte vom Vater weitere Unterhaltszahlungen für die ersten drei Lebensjahre des Kindes. Sie war nach der Elternzeit ab dem 14. Lebensmonat zu 50 %, ab dem 26. Lebensmonat zu 100 % berufstätig. Dabei konnte sie als Bankangestellte nicht ihr vor der Geburt des Kindes erzieltes Monatseinkommen von netto 2 800 € erreichen. Der Vater, dessen Monatseinkommen netto 4 800 € betrug, hatte ihr zunächst Betreuungsunterhalt gezahlt, diesen jedoch wegen ihrer Erwerbstätigkeit deutlich reduziert.
Die Mutter meinte, dass sie während der ersten drei Lebensjahre des Kindes nicht zur Arbeit verpflichtet sei, also ihre Berufstätigkeit überobligatorisch sei und dem Vater daher nicht zugutekommen könne. Ihre Einkünfte könnten deshalb nicht (voll) angerechnet werden.
Der Vater widersprach dem und verwies darauf, dass die Mutter seit einiger Zeit mit einem neuen Partner zusammenlebe. Wie bei einer Ehefrau, die ein gemeinsames Kind betreue, sei wegen dieser verfestigten Lebenspartnerschaft der Unterhaltsanspruch der Mutter verwirkt (§ 1579 Nr. 2 BGB).
Die Mutter wollte die Unterhaltskürzungen nicht hinnehmen und klagte. Beim Oberlandesgericht Frankfurt am Main hatte sie auch Erfolg.
Anrechnung des Einkommens der ersten drei Jahre nur eingeschränkt möglich
Zunächst machten die Richter deutlich, dass die während der ersten drei Lebensjahre des Kindes erzielten Einkünfte der Mutter nur sehr eingeschränkt auf die Unterhaltspflicht des Vaters anzurechnen seien, da sie in dieser Zeit überhaupt nicht zur Arbeit verpflichtet sei (§ 1615 Abs. 1 BGB). Der Vater schulde eigentlich der Mutter einen an ihren vorgeburtlichen Einkünften zu bemessenden Unterhalt, also 2 800 € netto monatlich. Hierfür verdiente er im vorliegenden Fall jedoch nicht genug. Deshalb war der Anspruch begrenzt, sodass verhindert wurde, dass er als Unterhaltspflichtiger mehr aufwenden muss, als ihm verbleibt.
Keine Unterhaltsverwirkung wegen neuem Lebenspartner
Die Richter verneinten eindeutig den Vortrag des Vaters, dass die Mutter den Unterhalt verwirkt habe, weil sie mit einem neuen Partner in einer Lebensgemeinschaft wohne.
Der Grundgedanke der Unterhaltsverwirkung (§ 1579 Nr. 2 BGB) sei nicht auf Unterhaltsbeziehungen zwischen nichtehelichen Partnern anzuwenden. Vielmehr gelte diese Vorschrift nur bei getrennt lebenden Ehepartnern. Der Gesetzgeber habe den Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter nicht in jeder Hinsicht dem der ehelichen Mutter angeglichen. So könne die nichteheliche Mutter – anders als eine eheliche Mutter – keinen Altersvorsorgeunterhalt verlangen. Außerdem erhalte sie keinerlei Ausgleich für etwaige Nachteile im Erwerbsleben, die sie durch die zeitweilige Betreuung des gemeinsamen Kindes und Unterbrechung ihrer Erwerbsvita erleide.
So sei es gesetzlich nicht geboten, dass für eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der nichtehelichen Mutter bereits eine »einfache« Unbilligkeit im Sinne der aus dem Ehegattenunterhaltsrechts stammenden Unterhaltsverwirkung ausreiche. Denn Hintergrund für die Verwirkung wegen des Zusammenlebens mit einem neuen Partner sei der Gedanke der ehelichen Solidarität. Die dafür erforderliche Abkehr aus der ehelichen Solidarität durch die Eingehung einer anderen, gleichsam die Ehe ersetzenden Partnerschaft könne sich bei nichtehelichen Partnern – wie hier – aber nicht ereignen. Für den Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter gelte somit allein die Verwirkungsklausel des § 1611 BGB; hiernach kann nur eine »grobe« Unbilligkeit den Wegfall des Unterhaltsanspruchs gegen den Vater rechtfertigen. Allein der Umstand, dass die nichteheliche Mutter zwischenzeitlich in einer neuen Partnerschaft lebe, stelle allerdings keine solch grobe Unbilligkeit dar.
Somit muss der Kindesvater die einbehaltenen Unterhaltsanteile an die Mutter erstatten.
Anmerkung:
In den vergangenen Jahren wurde der Unterhaltsanspruch der nichtehelichen Mutter weitestgehend dem einer ehelichen Mutter gleichgestellt. Demzufolge sind viele Regelungen des BGB, die an sich das Verhältnis von Eheleuten regeln, auch auf Ansprüche der getrennt lebenden nichtehelichen Eltern anwendbar.
Hiervon macht die vorliegende Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt jedoch eine klare Ausnahme. Denn kurz gefasst besagt der Beschluss: Eine unverheiratete Mutter behält ihre Unterhaltsansprüche auch bei Eingehung einer neuen Partnerschaft gegenüber dem früheren Partner und Vater des Kindes.
Demgegenüber geht eine verheiratete oder geschiedene Mutter möglicherweise leer aus, wenn sie mit einem neuen Partner zusammenlebt.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat gegen seinen Beschluss die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen. Es ist zu erwarten, dass in überschaubarer Zeit dort die Problematik endgültig und obergerichtlich entschieden wird.