RICHARD BOORBERG VERLAG

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04.02.2020

  

Unfall in der Waschstraße

  

Ein Kraftfahrzeug, das ohne eigene Motorkraft auf dem Förderband durch eine automatische Waschanlage gezogen wird, befindet sich nicht »in Betrieb«. Denn bei diesem Vorgang kommt die Fortbewegungsfunktion des Fahrzeugs nicht zum Tragen. Ereignet sich während des automatisierten Wasch- und Transportvorgangs ein Unfall, so haftet der Halter des Kraftfahrzeugs nicht aus dem Gesichtspunkt der Betriebsgefahr des Fahrzeugs.

Das Fahrzeug des Autofahrers A befand sich hinter dem Pkw der Frau B, die auch selbst am Steuer saß, auf dem Förderband einer automatischen Waschstraße. Die Fahrzeuge wurden bei ausgeschaltetem Motor mithilfe von Rollen durch die Waschstraße gezogen. Eine der Rollen zog kurz vor dem Ende der Waschstraße unter dem Hinterrad des Fahrzeugs der B durch, woraufhin dieses Fahrzeug nicht mehr vorwärts gezogen wurde. A bremste deshalb sein Fahrzeug, das zu diesem Zeitpunkt unter der Gebläsetrocknung stand, bis zum Stillstand ab, um eine Kollision zu vermeiden. Allerdings drückte sich infolge des Bremsvorgangs das Gebläse auf das Heck des Fahrzeugs des A und beschädigte dieses erheblich.

A verlangte von Frau B Schadenersatz für die Reparaturkosten in Höhe von 4 500 €.

Beim Oberlandesgericht Koblenz hatte er mit seiner Zahlungsklage jedoch keinen Erfolg.

Steckengebliebenes Fahrzeug war nicht »in Betrieb«

Als einzige in Betracht kommende Haftungsvorschrift verwies das Gericht auf § 7 StVG. Wird hiernach beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs eine andere Sache beschädigt, so ist der Halter des Kfz verpflichtet, dem Geschädigten den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen.

Umstritten war, ob das Fahrzeug der Frau B während des Abschleppvorgangs in der Waschstraße »in Betrieb« war. Nach Auffassung des Gerichts ist hierfür stets erforderlich, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung solcher Gefahren handelt, hinsichtlich derer die Öffentlichkeit schadlos gehalten werden soll. Daher scheidet eine Haftung aus § 7 StVG grundsätzlich aus, wenn bei dem Schaden verursachenden Pkw die Fortbewegungsfunktion keinerlei Rolle gespielt hat.

Im vorliegenden Fall war der Schaden am Pkw des A zu einem Zeitpunkt eingetreten, als sich das andere Kraftfahrzeug noch auf dem Förderband der Waschstraße befand. Der Motor des Fahrzeugs war zum Unfallzeitpunkt aus.

Nach Überzeugung des Gerichts war das Kraftfahrzeug nicht im Betrieb im Sinne des Gesetzes, wenn es ohne eigene Motorkraft allein durch eine automatische Waschanlage gezogen wird. Solange sich das Fahrzeug innerhalb des automatisierten Wasch- und Transportvorgangs befinde, komme die Fortbewegungsfunktion des Pkw in keiner Weise zum Tragen. Das Fahrzeug sei vielmehr vollständig abhängig von den automatisierten Transportvorgängen innerhalb der Waschstraße. Die besonderen Gefahren des eigentlichen Betriebs eines Kraftfahrzeugs (Geschwindigkeit, Ausmaße, Gewicht) entfalteten in diesem Moment keinerlei Relevanz. Der Pkw sei in dieser Situation quasi mit jedem beliebigen Gegenstand vergleichbar, der in ähnlicher Weise automatisch weitertransportiert und bewegt werde.

Im vorliegenden Fall hatte Frau B keinerlei Einfluss darauf, wie und wohin ihr Fahrzeug aufgrund des automatisierten Wasch- und Transportgeschehens in der Waschstraße bewegt wurde. Ihr Fahrzeug war im Ergebnis von seiner eigentlichen Fahrfunktion vollständig losgelöst.

Somit schied eine Haftung aus sog. Betriebsgefahr aus.

Klaus Krohn
Quelle:
Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz vom 05.08.2019 – 12 U 57/19