Der Betreiber eines Recyclingunternehmens haftet nicht, wenn bei der Verkleinerung eines Betonteils ein darin eingeschlossener Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg explodiert und hierdurch die Nachbarhäuser beschädigt werden (BGH).
Ein Unternehmer betrieb auf seinem Gewerbegrundstück ein Recyclingunternehmen für Bauschutt. Der angelieferte Bauschutt wurde dort zunächst sortiert. Große Betonteile, die nicht in den vorhandenen Schredder zur Zerkleinerung des Bauschutts passten, wurden mit einem Zangenbagger vorab in schredderfähige Stücke zerlegt.
Eines Tages führte ein Mitarbeiter des Unternehmens mit dem Bagger solche Zerkleinerungsarbeiten aus. Eine Sprengbombe aus dem Zweiten Weltkrieg, die in einem Betonteil eingeschlossen war, explodierte hierbei. Bei der Explosion kam der Baggerfahrer ums Leben; zwei weitere Mitarbeiter wurden schwer verletzt. An Gebäuden der angrenzenden Grundstücke entstanden größere Schäden. Diese wurden von den Gebäudeversicherungsgesellschaften reguliert. Die Versicherungen nahmen daraufhin den Recyclingunternehmer auf Schadenersatz in Regress. Wie schon in den Vorinstanzen hatte die Klage beim Bundesgerichtshof keinen Erfolg.
Keine Sorgfaltspflichtverletzung
Die Richter lehnten die Haftung des Recyclingunternehmers komplett ab.
Ein Bauschutt recycelndes Unternehmen verstoße nicht gegen die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, wenn in seinem Betrieb Betonteile, die nicht bekanntermaßen aus einer Abbruchmaßnahme stammen, bei der mit Bomben im Beton gerechnet werden muss, vor der Verkleinerung nicht unter Einsatz technischer Mittel auf Explosivkörper untersucht werden. Angesichts der geringen Wahrscheinlichkeit von Bomben in zu recycelnden Betonteilen sei auch von einem umsichtigen und gewissenhaften Betreiber eines Recyclingunternehmens eine generelle Untersuchung der angelieferten Stoffe auf Explosivkörper nicht zu verlangen. Im Übrigen ließe sich mit einer solchen Untersuchung der angestrebte Zweck, eine Gefährdung der Bevölkerung zu verhindern, effektiv nicht erreichen; dies würde voraussetzen, dass wenn der Bauschutt schon vor dem Transport zum Recyclingunternehmen auf dem Grundstück, auf dem der Abbruch der vorhandenen Bebauung erfolgt, auf Blindgänger aus dem zweiten Weltkrieg untersucht würde. Eine solche Untersuchungspflicht wäre jedoch überzogen, weil sie ohne konkreten Anlass – gewissermaßen prophylaktisch – erfolgen müsste. Somit hatte der Unternehmer keine Sorgfaltspflichtverletzung begangen.
Anmerkung:
Nahezu zeitgleich wie das vorliegende Urteil des Bundesgerichtshofs hat auch das Landgericht Osnabrück in einem vergleichbaren Fall eine Haftung eines Grundstückseigentümers verneint. In diesem Fall handelte es sich um einen Bombenblindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg, der aus technischen Gründen nicht entschärft werden konnte. Somit blieb nur eine kontrollierte Sprengung an Ort und Stelle. Hierbei kam es zu unvermeidlichen Schäden an umliegenden Gebäuden. Auch hier urteilte das Landgericht, dass der Eigentümer des Grundstücks, auf dem die Bombe lag, nicht für diese Schäden hafte.
Quelle:
1) Urteile des Bundesgerichtshofs vom 05. 07. 2019 – V ZR 96/18 sowie 108/18
2) Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 02. 08. 2019 – 6 O 337/19