RICHARD BOORBERG VERLAG

×

06.02.2023

       

Keine Benutzungsfarbmarke für Schokoladenhasen

   

Der goldene Lindt-Schokohase genießt laut BGH Markenschutz. Eine Allgäuer Confiserie darf deshalb keine Schokohasen mit goldener Verpackung verkaufen, wie das OLG München entschied.

Bei dem goldenen Farbton des Schokoladenhasen von Lindt handelt es sich nicht um eine Benutzungsmarke. Zwar können auch abstrakte Farbmarken Benutzungsmarken darstellen, jedoch habe der Goldton des Schokoladenhasen nach Ansicht des OLG München keine Verkehrsgeltung erlangt. Bisher wurde eine Verkehrsgeltung bei abstrakten Farbmarken angenommen, wenn es sich hierbei um die Hausfarbe des Unternehmens handelte. Lindt hingegen verwendet lediglich für ein bestimmtes Produkt die goldene Farbe, weshalb es sich dabei nicht um die Hausfarbe handelt und keinen Farbmarkenschutz genießt.

Leitsätze

Soweit es bei einer Verletzung einer Benutzungsfarbmarke auf exakte Farbtöne ankommt, kann ein Unterlassungsantrag, der auf Anlagen (hier: Originale der Schokoladenhasen) Bezug nimmt, hinreichend bestimmt sein.

Eine Verkehrsgeltung für einen Farbton für jede Form für eine Ware insgesamt (hier: Schokoladenhasen) wird nicht begründet, wenn die Zuordnung der Farbe zu einem bestimmten Unternehmen allein auf der außergewöhnlichen Bekanntheit des speziellen Produkts (hier: Lindt Goldhase) beruht.

Tatbestand

Die Klägerinnen machen gegen die Beklagte markenrechtliche Ansprüche wegen Verletzung ihrer behaupteten Benutzungsmarke an dem Lindt-Goldton des Lindt Goldhasen geltend.

Die Klägerinnen sind Gesellschaften der Unternehmensgruppe Lindt & Sprüngli. Eine Klägerin ist die Konzernobergesellschaft, eine weitere Klägerin ist die für die Herstellung und den Vertrieb in Deutschland verantwortliche deutsche Tochtergesellschaft. Lindt & Sprüngli ist dem Verkehr seit Jahrzehnten als Hersteller von qualitativ hochwertiger Premiumschokolade bekannt. Eines der beliebtesten Produkte der Klägerinnen ist der eingereichte Lindt Goldhase. Dieser wird in verschiedenen Größen und Sorten angeboten, die sich äußerlich vor allem durch die farbliche Gestaltung des Halsbandes unterscheiden.

Der Lindt Goldhase wurde im Jahr 1952 entwickelt und wird seitdem in Deutschland in goldener Folie angeboten. In dem aktuellen Goldton wird der Lindt Goldhase seit dem Jahre 1994 in Deutschland vertrieben. Die Klägerinnen setzten in den letzten 30 Jahren allein in Deutschland mehr als 500 Millionen Goldhasen ab. Der Lindt Goldhase ist der mit Abstand meistverkaufte Osterhase Deutschlands. Sein Marktanteil betrug in Deutschland im Jahr 2017 über 40 %. Die Klägerinnen bewerben den Lindt Goldhasen vor und zu Ostern ganz erheblich in einer Vielzahl unterschiedlicher Medien. Die Klägerinnen vertreiben in Deutschland erfolgreich auch nicht in Goldfolie gewickelte Schokoladenosterhasen.

Die Beklagte ist Herstellerin von Schokoladenprodukten. Diese vertrieb in der Ostersaison 2018 u.a. die Schokoladenhasen.

Die Klägerinnen behaupten, der Lindt-Goldton sei überragend bekannt. Der umfangreiche Vertrieb des Lindt Goldhasen führe dazu, dass knapp 80% des angesprochenen Verkehrs, der vorliegend aus Durchschnittsverbrauchern bestehe, die Schokoladenhasen kauften, verzehrten oder sich vorstellen könnten, solche Produkte zu kaufen oder zu verzehren, den goldenen Farbton als Herkunftshinweis auf die Klägerinnen verstünden, wie sich aus dem eingeholten Verkehrsgutachten der GfK ergebe

Nach Auffassung der Klägerinnen verletzt der Vertrieb der streitgegenständlichen Hasen der Beklagten die Rechte der Klägerinnen an ihrer bekannten Benutzungsmarke. Die Klägerinnen seien gemeinsam Inhaberinnen einer Benutzungsmarke im Sinne des § 4 Nr. 2 MarkenG an dem wiedergegebenen Goldton. Die Verkehrsgeltung bestehe für die Ware „Schokoladenhasen“. Insoweit genüge bei originär schutzunfähigen Marken – wie es grundsätzlich bei abstrakten Farbmarken der Fall sei – eine 50% übersteigende Verkehrsbekanntheit. Die Verkehrsbefragung habe einen Durchsetzungsgrad von knapp 80% ergeben. Selbst der Zuordnungsgrad habe nur knapp darunter bei etwa 76%gelegen.

Die Klagemarke falle nicht unter das Schutzhindernis, da dieses Schutzhindernis nicht für Marken, die bereits vor dem 14.01.2019 existiert hätten, gelte. Zudem sei die Folienfarbe auch kein charakteristisches Merkmal von Schokoladenhasen und der Goldton verleihe der Ware keinen „wesentlichen Wert“.

Im Vertrieb der 50g-Hasen durch die Beklagte liege eine doppelidentische Benutzung. Im Rahmen der Prüfung der Zeichenidentität sei auf Seiten der Klägerinnen auf den erkennbaren Farbton abzustellen. Auf Seiten der Beklagten sei für den Zeichenvergleich und die Frage der Rechtsverletzung allein auf die großflächig verwendete goldene Farbe abzustellen. Die nur schwer erkennbare und teilweise durch die Schleife verdeckte Angabe „Heilemann Confiserie“ sei im Rahmen des Zeichenvergleichs nicht zu berücksichtigen. Der Verkehr sei vielfach an die Verwendung von Zweitzeichen gewöhnt. Die überragende Bekanntheit des Lindt-Goldtons führe dazu, dass der angesprochene Verkehr die Verwendung eines (nahezu) identischen Goldtons als eigenständiges Zeichen wahrnehme. Für die Annahme eines selbstständigen Kennzeichens spreche bei Farbmarken darüber hinaus, wenn die Farbe des beanstandeten Produkts nicht nur im räumlichen Zusammenhang mit weiteren Elementen benutzt werde, sondern auch davon abgesetzt. Daher wirke die goldene Farbe beim 50g-Hasen der Beklagten, der fast vollständig in dieser gehalten sei, für den Verkehr herkunftshinweisend. Es bestehe zwar vorliegend keine Gewöhnung des Verkehrs an Farben im Allgemeinen als Herkunftshinweis im Bereich von Schokoladenhasen. Aufgrund der Bekanntheit des Lindt-Goldtons bestehe aber eine konkrete Gewöhnung des Verkehrs an die goldene Farbe des Lindt-Hasen als Herkunftshinweis.

Zwischen der geltend gemachten Benutzungsmarke und den streitgegenständlichen 22g- und 50g-Hasen der Beklagten bestehe weiterhin Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Der Ähnlichkeitsgrad genüge, damit der Durchschnittsverbraucher die Farbe des 22g-Hasen aufgrund der Bekanntheit des Lindt-Goldtons als Herkunftshinweis wahrnehme. Die Klagemarke und die Farbtöne der Beklagten würden für identische Waren benutzt, und es liege eine sehr hohe bzw. weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft vor.

Die Farbgebung der Osterhasen verletze auch die Rechte der Klägerinnen an ihrer bekannten Benutzungsmarke gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG, da die Verwendung der goldenen Farbe auf den Hasen der Beklagten die Unterscheidungskraft und Wertschätzung der bekannten Benutzungsmarke ausnutze.

Der Klageantrag sei auch gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Die Klage richte sich gegen die konkreten Verletzungsformen, und die Klägerinnen hätten sowohl im Antrag als auch in der Klagebegründung angegeben, in welchen Merkmalen sie Grundlage und Anknüpfungspunkt der Rechtsverletzung sähen. Nach Auffassung der Beklagten ist die Klage im Haupt- und Hilfsantrag nicht hinreichend bestimmt und damit unzulässig. Außerdem könne die beanspruchte Goldfarbe für die Waren „Schokoladenhasen“, der auch für Marken gelte, die bereits vor dem 14.01.2019 existiert hätten, keine Marke sein. Für abstrakte Farbmarken gebe es auch gar keinen Verkehrsgeltungsschutz. Da der Farbton der Farbkarte, die Gegenstand der Verkehrsbefragung gewesen sei, changiere und der Goldton der Goldhasen der Klägerinnen auf der Farbkarte zudem noch nicht einmal enthalten gewesen sei, sei die vorgelegte Verkehrsbefragung zudem ungeeignet, die Verkehrsgeltung des mit der Vorlage des Hasen beanspruchten Goldtons zu belegen.

Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 15.10.2019, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hinsichtlich des Hauptantrags abgewiesen und dem Hilfsantrag stattgegeben.

RdW-Redaktion
Quelle:
OLG München, Urteil vom 27.10.2022 – 29 U 6389/19