Zwei Mitarbeiterinnen eines Unternehmens mussten wegen des Verdachts auf eine Infektion mit dem Coronavirus in Quarantäne. Die Arbeitgeberin zahlte ihnen den Lohn weiter, verlangte das Geld einschließlich der Sozialversicherungsbeiträge jedoch nach § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) vom Land Rheinland-Pfalz zurück. Das Land zahlte, jedoch erst ab dem sechsten Tag. Für die ersten fünf Tage hätten die Arbeitnehmerinnen noch einen Anspruch auf Lohnfortzahlung gegenüber der Arbeitgeberin.
Arbeitgeberin klagt auf Entschädigung
Die Arbeitgeberin legte nach erfolglosem Widerspruch Klage gegen die Entscheidung des Landes ein. Sind die Mitarbeiterinnen für eine erhebliche Zeit verhindert, entfalle der Lohnfortzahlungsanspruch insgesamt, argumentierte die Arbeitgeberin. Das sahen die Richter am Verwaltungsgericht Koblenz (VG) anders und wiesen ihre Klage zurück.
VG: keine Entschädigung bei Lohnfortzahlung
Arbeitgeber könnten dann keine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz verlangen, wenn den Arbeitnehmern ein Anspruch auf Lohnfortzahlung zustehe. Dies sei hier der Fall. § 616 BGB regelt, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Lohnfortzahlung hat, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Die Quarantäne der Arbeitnehmerinnen sei aber ein in deren Person liegendes Leistungshindernis. Es sei noch keine verhältnismäßig erhebliche Zeit, dass die beiden sechs bzw. 14 Tage in Quarantäne müssten.
Verhältnis von Beschäftigungszeit und Abwesenheit entscheidend
Wann eine Zeit erheblich ist, bemesse sich in erster Linie daran, wie lange das Arbeitsverhältnis bereits bestehe und wie lange der Arbeitnehmer nicht arbeite. Die beiden Arbeitnehmerinnen waren bereits seit mehr als einem Jahr beim Unternehmen beschäftigt. Eine höchstens 14-tägige Quarantäne sei bei diesem Zeitraum noch nicht erheblich, begründeten die Richter.
Dass der Arbeitgeberin kein Entschädigungsanspruch zustehe, sei ihr auch zumutbar. Bei einer mindestens ein Jahr andauernden Beschäftigung sei es für sie kalkulierbar, zwei Wochen lang den Lohn auch dann weiterzuzahlen, wenn Beschäftigte ihres Unternehmens nicht arbeiten könnten.
Anmerkung:
§ 56 IfSG spielt derzeit eine große Rolle. Auch wenn die sog. dritte Welle der Corona- Pandemie abgeebbt zu sein scheint, fallen noch immer in einer Vielzahl von Betrieben Mitarbeiter aus, weil sie wegen einer Ansteckung mit dem Virus oder dem Verdacht, sich angesteckt zu haben, in Quarantäne müssen. Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber fragen sich dann: Wer kommt für den Lohn auf? Die Norm im Infektionsschutzgesetz regelt den Fall, dass der Staat für den Lohnanspruch eines Mitarbeiters aufkommt, der aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus erkrankt ist oder bei dem der Verdacht auf eine Infektion besteht und in Quarantäne muss. Erging kein berufliches Tätigkeitsverbot, muss der Arbeitgeber den Lohn wie üblich nach der Lohnfortzahlung bei Krankheit weiterzahlen. Zunächst muss der Arbeitgeber den Lohn weiterzahlen, kann das Geld inklusive der gezahlten Sozialversicherungsbeiträge aber vom Staat zurückverlangen. Sollte der Arbeitgeber nicht zahlen, kann auch der Arbeitnehmer das Geld verlangen. All dies gilt aber nach der derzeitigen Rechtsprechung nur dann, wenn die Quarantäne eine erhebliche Zeit andauert. Nur dann nämlich besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem BGB. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat das VG die Berufung beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zugelassen.