Das Ärztebewertungsportal Jameda darf weiter das Profil zweier Zahnmediziner aus Nordrhein-Westfalen auf seiner Plattformlisten. Der Bundesgerichtshof (BGH) gab einem Anspruch auf Unterlassung der beiden, künftig nicht mehr auf der Seite zu erscheinen, nicht statt.1
Ärztepaar will von Jameda-Plattform runter
Eine Fachzahnärztin für Parodontologie (Fachbereich zum Zahnhalteapparat) und ein Facharzt für Oralchirurgie waren auf dem Ärztebewertungsportal Jameda gelistet. Das Portal erstellt mithilfe öffentlich zugänglicher Quellen wie Telefonbuchauszügen und Praxiseröffnungen ein Profil mit Namen, akademischem Grad, Fachrichtung, Praxisanschrift, weiteren Kontaktdaten und Sprechzeiten. Die Webseite wird monatlich von mindestens sechs Millionen Nutzern besucht. Diese können die gelisteten Ärzte nach bestimmten Kriterien benoten und in einem Freitextfeld bewerten. Aus den Bewertungen werden für die unterschiedlichen Kategorien Durchschnittsnoten errechnet, aus denen dann wiederum eine Gesamtnote für den jeweiligen Arzt erstellt wird. Diese ist dann auf dem Profil sichtbar.
»Gold«- und »Platinpaket« gegen Zahlung
Gegen eine Bezahlung von monatlich 69,–€j bzw. 139,– € können die gelisteten Ärzte ein »Gold«- oder »Platinpaket« erwerben. Damit können die Mediziner ihr Profil ansprechender gestalten, in dem sie beispielsweise ein Foto, Links auf die eigene Webseite oder Fachartikel hinzufügen.
Das Ärztepaar verfügt nicht über ein solches Paket; das Portal führt sie daher mit einem sog. Basisprofil.
Paar klagt auf Entfernung von der Seite
Die beiden klagten gegen ihren Eintrag auf der Seite. Vor dem Landgericht Bonn verlangten sie die vollständige Löschung ihrer Daten aus dem Portal von Jameda. Daneben forderten sie, dass es das Portal auch in Zukunft unterlässt, die Profile zu veröffentlichen, solange dort bestimmte, im einzelnen beschriebene Merkmale stehen, wodurch zwischen den Basisprofilen und denen der bezahlten Profile beispielsweise durch Links und Fotos sowie in Bezug auf bestimmte Serviceleistungen wie eine kostenlose Hotline für zahlende Ärzte unterschieden werde.
Landgericht und Oberlandesgericht entscheiden
Das Landgericht gab den Klagen der beiden statt.2 Auf die Berufungen von Jameda hin wies das Oberlandesgericht Köln diese hinsichtlich der Löschungsanträge zurück.3 Hinsichtlich der Unterlassungsanträge hatte es das landgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen des Paares überwiegend abgeändert und die Klagen abgewiesen.
Kein Anspruch auf Gleichbehandlung
Der VI. Zivilsenat des BGH wies die Revisionen der beiden – die sich nur noch auf nun ab. Grundsätzlich hätten Zahler und Nichtzahler keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Es komme auf die Begründung im Einzelfall an. Die Urteilsbegründung will das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgeben. die zukünftige Unterlassung bezogen – nun ab. Grundsätzlich hätten Zahler und Nichtzahler keinen Anspruch auf Gleichbehandlung. Es komme auf die Begründung im Einzelfall an. Die Urteilsbegründung will das Gericht zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgeben.
BGH: Öffentliches Interesse an Arztsuche überwiegt
Der BGH hatte bereits in einem Urteil vom 23.09.20144 entschieden (und seine Sicht nochmals in einem Urteil vom 20.02.20185 bestätigt), dass eine Speicherung der personenbezogenen Daten mit einer Bewertung der Ärzte durch Patienten zulässig ist. Wegen des öffentlichen Interesses an einer freien Arztwahl und aufgrund der Kommunikationsfreiheit müssten es Ärzte hinnehmen, dass sie in einem solchen Portal gelistet seien.
Hautärztin bekommt Recht
Jedoch müsse die Neutralität gewahrt sein, betonten die Richter damals. Während das Portal bei den nichtzahlenden Ärzten dem ein Arztprofil aufsuchenden Internetnutzer die »Basisdaten« nebst Bewertung des betreffenden Arztes anzeige und ihm mittels des eingeblendeten Querbalkens »Anzeige« Informationen zu örtlich konkurrierenden Ärzten biete, lasse sie auf dem Profil ihres »Premium «-Kunden – ohne dies dort dem Internetnutzer hinreichend offenzulegen – solche über die örtliche Konkurrenz unterrichtenden werbenden Hinweise nicht zu, so die Richter. Damit gaben sie damals der Klage einer Hautärztin statt.
Jameda stellt Angebot nach Urteil um
Die Richter gaben aber in dem damaligen Verfahren der Plattform Jameda den Hinweis, dass, wenn sie sich in dieser Weise zugunsten ihres Werbeangebots in ihrer Rolle als »neutraler« Informationsmittler zurücknimmt, ihre auf das Grundrecht der Meinungs- und Medienfreiheit gestützte Rechtsposition gegenüber dem Recht der Hausärztin auf Schutz ihrer personenbezogenen Daten (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK) auch nur mit geringerem Gewicht geltend machen kann. Das Bewertungsportal stellte daraufhin sein Angebot für Premiumkunden um.
Jameda: keine versteckte Bevorzugung für Premium-Kunden
Das Gericht habe bestätigt, dass es in der Darstellung der Premium-Profile keine verdeckte Vorteilsverschaffung sehe, hieß es von Jameda in einer Mitteilung nach dem Urteil. Man biete allen Ärzten – unabhängig von ihrem Kundenstatus – die Möglichkeit, ihren Patienten relevante Informationen zur Arztwahl bereitzustellen, um diesen die optimale Grundlage für ihre Arztwahl zu geben. Über diese für die Arztwahl zentralen Informationen hinaus biete das Portal Ärzten gegen die Zahlung eines Entgeltes an, Zusatzinformationen (Text- und/oder Bildmaterial) zu hinterlegen, Termine online an ihre Patienten zu vergeben oder Patienten via Videosprechstunde zu betreuen. Mit diesem für die Ärzte kostenpflichtigen Angebot gehe jedoch niemals eine versteckte Bevorzugung bei der Zusammenstellung der Ranglisten oder im Umgang mit deren Bewertungen einher, versicherte Jameda. Es sei das Ziel von Jameda, eine erfolgreiche Arzt-Patienten-Beziehung mithilfe digitaler Angebote zu ermöglichen.