RICHARD BOORBERG VERLAG

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05.08.2021

    

Haftung für Mitteilung eines falschen Kaufpreises für ein Gemeindegrundstück

         

Eine Gemeinde haftet für Folgekosten, die einem potenziellen Grundstückserwerber durch eine versehentlich fehlerhafte Mitteilung eines Kaufpreises für ein Gemeindegrundstück entstehen (LG Koblenz).

Ein Mann äußerte Interesse am Erwerb eines unbebauten Grundstücks einer Gemeinde. Diese teilte dem Interessenten mit, dass sich der Bodenrichtwert auf 70 € pro Quadratmeter belaufe. Dies sei Grundlage für den Kaufpreis. Außerdem erklärte die Gemeinde, dass Teilflächen zum öffentlichen Verkehrsraum gehörten und daher vor einem Verkauf neu vermessen und geordnet werden müssten. Die Vermessungskosten seien vom Käufer zu übernehmen.

Unter Berücksichtigung des Bodenrichtwerts von 70 € pro Quadratmeter setzte der Gemeinderat für das Grundstück einen Kaufpreis von 21 000€j an, unter Zugrundelegung einer Fläche von 300 m2. Kurz darauf wurde dem Kaufinteressenten jedoch versehentlich mitgeteilt, dass der Gemeinderat beschlossen habe, ihm das Grundstück zu einem Preis von 21 € pro Quadratmeter zum Kauf anzubieten. Der Interessent entschloss sich auf dieser Basis zum Kauf. Die Gemeinde forderte ihn daraufhin auf, vor dem Verkauf ein öffentlich bestelltes Vermessungsbüro mit der Vermessung des Grundstücks zu beauftragen. Diese Vermessung wurde auf Grundlage eines Auftrags des Kaufinteressenten zu einem Preis von 1 630 € durchgeführt. Zusätzlich zahlte er die Gebühren des Vermessungs- und Katasteramts in Höhe von 270 €.

Die Gemeinde übersandte ihm daraufhin einen Beurkundungsauftrag an den Notar und teilte im Hinblick auf die neu vermessene Grundstücksfläche von 275 m2 (statt ursprünglich angenommen

300 m2) einen Grundstückskaufpreis von 19 250 € (275 × 70€j) mit. Versehentlich habe man ihn fehlerhaft informiert, dass der Kaufpreis 21 € pro Quadratmeter betrage; man bitte das Versehen zu entschuldigen. Zu einem Grundstückskauf kam es sodann nicht mehr.

Der Kaufinteressent verlangte daraufhin Ersatz der Kosten und Gebühren für die Vermessung des Grundstücks. Beim Landgericht Koblenz hatte seine Klage Erfolg.

Verschulden bei Vertragsverhandlungen

Die Gemeinde musste sich aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsverhandlungen ein Fehlverhalten vorhalten lassen. In der fehlerhaften Mitteilung einer Abschlussbereitschaft der Gemeinde zu einem Kaufpreis von 21 € pro Quadratmeter, die zu diesem Preis tatsächlich zu keiner Zeit bestanden hatte, und der Monate später anschließenden Aufforderung zur Beauftragung der Vermessung des Grundstücks, sah das Gericht eine schuldhafte Pflichtverletzung. Die falsche Mitteilung des Kaufpreises beruhe zwar nur auf Fahrlässigkeit, nämlich einem Übertragungsversehen. Auch erfolgten Investitionen vor Vertragsabschluss im Allgemeinen auf eigenes Risiko des Kaufinteressenten; hier lag jedoch zum einen eine ausdrückliche Aufforderung zur Beauftragung der Vermessung vor, zum anderen blieb dem Kaufinteressenten letztlich keine andere Wahl, weil eine Vermessung auf Kosten des Erwerbers seitens der Gemeinde zur Voraussetzung des Vertragsabschlusses erklärt worden war.

Kein Eigenverschulden des Kaufinteressenten

Ein Fehlverhalten zulasten des Kaufinteressenten sah das Gericht nicht. Zwar war ihm der Bodenrichtwert von 70 € pro Quadratmeter bekannt, während der mitgeteilte Kaufpreis ganz erheblich dahinter zurückblieb. Gleichwohl habe der Kaufinteressent diesen Kaufpreis nicht hinterfragen müssen. Denn es sei allgemein bekannt, dass Gemeinden aus haushaltswirtschaftlichen Zwängen, die ein Außenstehender nicht überschauen könne, bei den Quadratmeterpreisen auch wirtschaftliche Erwägungen anstellten, die zu einer deutlichen Reduzierung des zunächst aus dem Bodenrichtwert ermittelten Quadratmeterpreises führen könnten.

Somit haftete die Gemeinde für die dem Kaufinteressenten entstandenen Folgekosten.

Klaus Krohn
Quelle:
Urteil des Landgerichts Koblenz vom 22. 02. 2021 – 1 O 337/19