Befindet sich in einer Bäckerei-Filiale auch ein Café, so rechtfertigt dies, in der Bäckerei an Sonn- und Feiertagen belegte Brötchen und Brote länger als drei Stunden zu verkaufen (OLG München).
Eine Bäckerei, die Brot-, Back- und Konditoreiwaren herstellte, unterhielt zahlreiche Filialen. Dort befanden sich Bäckerei- Verkaufsstellen mit Sitzgelegenheiten zum Verzehr von Speisen und Getränken vor Ort.
Ein Verbraucherschutzverband führte in den Filialen Testkäufe durch. Hierbei wurden ihm auch in einem Zeitraum, der über die gesetzlich zulässigen drei Stunden an Sonn -und Feiertagen hinausging, unbelegte Brötchen und Brote verkauft. Daraufhin monierte der Verbraucherschutzverband Verstöße gegen die Bestimmungen des Ladenschlussgesetzes. Er beantragte gerichtlich festzustellen, dass es die Bäckerei zu unterlassen habe, Backwaren zum Mitnehmen an Sonn- und Feiertagen über einen Zeitraum von mehr als drei Stunden anzubieten.
Beim Oberlandesgericht München hatte die Klage der Verbraucherschützer jedoch keinen Erfolg.
Bäckereifiliale als Gaststättengewerbe
Nach Auffassung des Gerichts stellten die Verkäufe von unbelegten Brötchen und Broten über mehr als drei Stunden keinen Verstoß gegen die Regelungen des Ladenschlussgesetzes und der Sonntagsverkaufsverordnung dar, da sie nach dem Gaststättengesetz erlaubt seien.
Die maßgebliche Vorschrift lautet: »Im Gaststättengewerbe dürfen der Gewerbetreibende oder Dritte auch während der Ladenschlusszeiten Zubehörwaren an Gäste abgeben. Der Schank- oder Speisewirt darf außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch Getränke und zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht, … an jedermann über die Straße abgeben.«
Die Verkäufe seien deshalb durch das Gaststättengesetz gedeckt, weil die Bäckerei in den jeweiligen Filialen ein Gaststättengewerbe betreibe. Denn dort seien Sitzgelegenheiten vorhanden, an denen die Kunden vor Ort Speisen und Getränke zu sich nehmen könnten. Es handelte sich somit um Mischbetriebe aus Ladengeschäft einerseits und Cafébetrieb andererseits. Unerheblich sei insoweit, welcher Teil überwiege. Ausreichend sei allein, dass die Bewirtungsangebote mit Sitzgelegenheiten in Bäckereibetrieben mit angeschlossenem Café auch tatsächlich genutzt würden.
Brötchen und Brote als »zubereitete Speisen«
Auch die weitere Voraussetzung für die Ausnahmeregelung des Gaststättengesetzes bejahte das Gericht. Insbesondere könne sich der Verbraucherschutzverband nicht auf den Standpunkt berufen, dass es sich bei den in den Filialen verkauften Backwaren nicht um »zubereitete Speisen« (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG) handle. Denn die von der Bäckerei hergestellten Brote und Brötchen stellten verzehrfertige Nahrungsmittel dar, deren Rohstoffe durch den Backvorgang zum Genuss verändert worden seien. Die Brote und Brötchen würden auch im jeweiligen Betrieb der Bäckerei verabreicht. Es entspreche der Lebenserfahrung, dass die Gäste eines Cafés mit angeschlossener Bäckerei dort auch unbelegte Brötchen, Brot und sonstige Backwaren bestellen könnten, etwa und insbesondere im Rahmen eines Frühstücks am Sonntag.
Solange es sich bei dem Straßenverkauf nicht um größere Mengen handle, sei davon auszugehen, dass die verkaufte Ware auch zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch bestimmt sei.
Anmerkung:
Das Oberlandesgericht München hat die Revision zum Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen; die Richter gehen davon aus, dass über die Auslegung der hier maßgeblichen Vorschrift im Gaststättengesetz bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden ist und sich diese Frage in einer Vielzahl weiterer Fälle stellen kann.