Die Unterhaltshöhe eines minderjährigen Kindes richtet sich im Fall der Trennung oder Scheidung der Eltern nach der sogenannten Düsseldorfer Tabelle. Deren Werte enthalten einen pauschalen Wohnanteil i. H. v. 20 %. Überlässt der unterhaltspflichtige Elternteil die ihm (teilweise) gehörende Wohnung kostenfrei an die Kinder, so ist die Unterhaltshöhe durch eine Herabstufung in der Düsseldorfer Tabelle zugunsten des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen (OLG Frankfurt am Main).
Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat solche Richtsätze in Form der sog. Düsseldorfer Tabelle erarbeitet. Das Zahlenwerk dient den Familiengerichten in der Bundesrepublik als Richtschnur für die Bemessung des Kindesunterhalts.
Die Unterhaltsermittlung nach der Düsseldorfer Tabelle geht vom »Normalfall« aus, etwa dass die unterhaltsberechtigten Kinder in Miete wohnen. Insoweit enthält die Düsseldorfer Tabelle einen pauschalen Wohnkostenanteil von etwa 20 % im jeweiligen Unterhaltsbetrag für das Kind.
Fraglich und umstritten ist aber, was gilt, wenn die Kinder (ebenso wie die Mutter) nicht in Miete, sondern mietfrei in einer Wohnung leben, die ganz oder teilweise dem unterhaltspflichtigen Vater gehört?
Mit einem solchen Fall hatte sich das Oberlandesgericht Frankfurt am Main zu befassen.
Sachverhalt
Zwischen getrennt lebenden Eltern kam es zum Streit über die Höhe des Unterhalts für die drei aus der Ehe hervorgegangenen minderjährigen Kinder. Die Mutter wohnte mit den Kindern in der vormaligen Ehewohnung. Diese gehörte dem unterhaltspflichtigen Vater zu 60 %; er hatte seinen Anteil mietfrei an die Familie überlassen. Der Vater hatte ein bereinigtes monatliches Nettoeinkommen von 3 720 €. Dies entsprach einem Einkommen nach der Einkommensgruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle.
Die Mutter verlangte aus verschiedenen Gründen eine Erhöhung des laufenden Elementarunterhalts für die drei Kinder. Der Vater verlangte eine Reduzierung seines Unterhalts. Denn der Wohnbedarf der Kinder sei ganz oder teilweise durch die mietfreie Überlassung der ihm zu 60 % gehörenden früheren Ehewohnung gedeckt. Dies mindere die Höhe des geschuldeten Barunterhalts.
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main teilte diese Einschätzung und ermäßigte die Unterhaltshöhe.
Mehr als zwei unterhaltspflichtige Kinder
Das Gericht verwies zunächst darauf, dass die Düsseldorfer Tabelle auf den Fall zugeschnitten sei, dass der Unterhaltspflichtige zwei Kindern Unterhalt zu leisten habe. Da der Vater im vorliegenden Fall gegenüber drei minderjährigen Kindern unterhaltspflichtig sei, rechtfertige dies eine Herabstufung seiner Unterhaltshöhe um eine Einkommensgruppe (= Einkommensstufe 5) in der Düsseldorfer Tabelle.
Wohnungsüberlassung als Teilleistung des Geldunterhalts
Ob die mietfreie Überlassung der Familienwohnung durch den unterhaltspflichtigen Vater eine Minderung der Barzahlungspflicht hinsichtlich des Kindesunterhalts zur Folge hat, ist in der juristischen Literatur und Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt. Überwiegend wird vertreten, dass der Barunterhaltsanspruch des Kindes zu reduzieren sei, wenn der im Tabellenunterhalt der Düsseldorfer Tabelle enthaltene Anteil für Wohnbedarf durch die Überlassung von Wohnraum durch den Unterhaltspflichtigen gedeckt sei.
Dieser Ansicht schloss sich auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main im vorliegenden Fall an. Jedenfalls dann, wenn wie hier, weder die betreuende Mutter gegenüber dem Ehemann Ehegattenunterhalt verlange noch der unterhaltspflichtige Ehemann die Zahlung einer Nutzungsentschädigung für die Überlassung der Wohnung geltend mache, sei eine Deckung des Wohnbedarfs des Kindes durch Wohnungsüberlassung mittels angemessener Herabstufung aus der für die Unterhaltshöhe maßgeblichen Einkommensgruppe zu berücksichtigen. Denn der im Tabellenunterhalt enthaltene Anteil für den Wohnbedarf der Kinder falle (teilweise) nicht an, weil er bereits durch die (teilweise) Überlassung der Wohnung durch den Vater an die betreuende Mutter und die Kinder gedeckt sei.
Das Gericht gelangte somit zu dem Ergebnis: Im Hinblick auf den 60-prozentigen Eigentumsanteil des Vaters an der überlassenen Wohnung und einen im Tabellenunterhalt enthaltenen Wohnkostenanteil von etwa 20 % sei eine Herabstufung um eine Einkommensgruppe angemessen. Der Vater sei daher in die Einkommensgruppe 4 der Düsseldorfer Tabelle einzusortieren.
Anmerkung:
Der vorliegende Fall befasste sich ausschließlich mit den Auswirkungen der kostenlosen Überlassung der Ehewohnung auf den Kindesunterhalt. Bei der mietfreien Überlassung der Ehewohnung durch den unterhaltspflichtigen Ehepartner an den anderen unterhaltsberechtigten Ehepartner (Ehegattenunterhalt) ist gerichtlich eindeutig geklärt, dass diese Überlassung auf die Unterhaltshöhe zugunsten des Unterhaltspflichtigen mindernd anzurechnen ist. Die aktuell geltende Düsseldorfer Tabelle ist im RdW-Kurzbericht 27/2021 dargestellt und erläutert.