Ein Gastronom hatte bei einer Versicherungsgesellschaft eine Betriebsschließungsversicherung
abgeschlossen.
In den Bedingungen des Vertrags hieß es: »Der Versicherer leistet Entschädigung für den Fall, dass von der zuständigen Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung von Infektionskrankheiten bei Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG), beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten oder Krankheitserreger den versicherten Betrieb zur Verhinderung der Verbreitung von meldepflichtigen Krankheiten oder Krankheitserregern bei Menschen geschlossen wird«.
Darüber hinaus war bestimmt, dass meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger »die folgenden, im IfSG i. d. F. vom 20. 07. 2000 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger sind.« Es schloss sich eine Aufzählung an, in der zahlreiche Krankheiten und Krankheitserreger genannt waren; aufgeführt waren aber weder »Coronavirus-Krankheit- 2019 (COVID-19)« noch das »Corona- Virus«.
Aufgrund der im März 2020 erlassenen Corona-Verordnung des Landes musste der Gastronom seinen Betrieb wochenlang schließen. Er verlangte von der Versicherung Leistungen in dem Umfang, wie sie im Versicherungsvertrag vereinbart waren.
Die Versicherungsgesellschaft lehnte dies ab mit dem Hinweis, dass die Krankheitserreger, also das Virus COVID-19, bei den im IfSG und den Versicherungsbedingungen aufgezählten Krankheiten und Krankheitserregern nicht gelistet sei. Auch das Oberlandesgericht Stuttgart lehnte eine Zahlungspflicht der Assekuranz ab.
Aufzählung der »versicherten Krankheiten« ist abschließend
Die Richter verneinten das Vorliegen eines Versicherungsfalls. Denn infolge der fehlenden Berücksichtigung in der Aufzählung im Versicherungsvertrag unterfalle eine Betriebsschließung aufgrund der Corona-Pandemie nicht dem Versicherungsschutz. Die zwischen dem Gastronomen und der Versicherungsgesellschaft vereinbarten Versicherungsbedingungen nahmen statisch auf das Infektionsschutzgesetz i. d. F. vom 20. 07. 2000 Bezug. Damals sei der Erreger SARSCoV2 noch nicht bekannt gewesen. Die Versicherungsbedingungen enthielten jedoch jeweils abgeschlossene, nicht erweiterbare Aufzählungskataloge; sie könnten nicht im Sinne einer dynamischen Verweisung auf die jeweils geltenden Regelungen des Infektionsschutzgesetzes verstanden werden.
Aus Sicht eines durchschnittlichen gewerblichen Versicherungsnehmers einer Betriebsschließungsversicherung sei durch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass die Versicherungsgesellschaft ausschließlich für die nach dem damaligen Stand (Infektionsschutzgesetz vom 20. 07. 2000) bekannten, im Gesetz ausdrücklich bezeichneten Erreger einstehen wollte. Es handele sich daher nicht um überraschende oder undurchsichtige Regelungen im Kleingedruckten des Versicherungsvertrags.
Da somit eine ausdrückliche Benennung des SARS-CoV2-Virus im Versicherungsvertrag fehlte, lag kein Versicherungsfall und damit keine Zahlungspflicht der Versicherungsgesellschaft vor.
Anmerkung:
Die hier zu entscheidende Frage wird in der Rechtsprechung überaus kontrovers beantwortet. So haben verschiedene Kammern des Landgerichts Düsseldorf unterschiedlich geurteilt. Ebenso wie das Oberlandesgericht Stuttgart hat auch die 9. Zivilkammer des LG Düsseldorf Entschädigungsleistungen an Restaurantinhaber, die per Verordnung ihre Betriebe schließen mussten, abgelehnt. Die 10. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Düsseldorf hingegen hat mehreren Betreibern von Gastronomiebetrieben Entschädigungszahlungen zugesprochen.
Da das Oberlandesgericht Stuttgart im vorliegenden Fall die Revision zum Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen hat, wird dieser möglicherweise Gelegenheit haben, die für viele Gewerbetreibende erhebliche, evtl. sogar existenzielle Frage abschließend zu entscheiden.