Im Juni 2015 erwarb ein Käufer einen Neuwagen Volkswagen Caddy III von einer Fahrzeughändlerin. Das Fahrzeug war mit einem Dieselmotor EA 189 ausgestattet. Die Motorsteuerungssoftware erkannte, ob sich das Fahrzeug in einem Prüflaufverfahren befand. In diesem Fahrzyklus leitete die Abschalteinrichtung eine höhere Abgasrückführungsrate und einen niedrigeren Stickoxidausstoß als im Normalbetrieb ein. Nachdem diese fragwürdige Praxis im Herbst 2015 öffentlich bekannt wurde, entwickelte die Volkswagen AG ein vom Kraftfahrtbundesamt freigegebenes Software- Update, die den Stickoxidausstoß auf das normale Maß reduzierte. Im Mai 2017 verweigerte der Käufer das Aufspielen der Software und verwies auf mögliche Folgeschäden für das Fahrzeug, wie einen Leistungsverlust, höheren Kraftstoffverbrauch oder einen verminderten Wert. Statt der angebotenen Nachbesserung verlangte er die Neulieferung des Nachfolgemodells Volkswagen Caddy IV. Dies wies die Fahrzeughändlerin unter Verweis auf die Unverhältnismäßigkeit des Kostenaufwands zurück.
In den Vorinstanzen bislang erfolglos
Die daraufhin vom Käufer erhobene Klage hatte bislang keinen Erfolg. Insbesondere habe die Fahrzeughändlerin zu Recht die Unverhältnismäßigkeit der Kosten (nach § 439 Abs. 3 BGB alte Fassung, derzeit § 439 Abs. 4 BGB) eingewandt. Die Kosten einer Neulieferung des Nachfolgemodells von 27.536,60 € übersteige deutlich die Kosten des Software- Updates von ca. 100 €. Dies gelte auch nach Abzug des ursprünglichen Fahrzeugwerts.
BGH: Bei Nachfolgemodell muss der Käufer zuzahlen
In der hier besprochenen Entscheidung gab der BGH dem Käufer insoweit Recht, als dass grundsätzlich ein Nachfolgemodell – im Gegensatz zum baugleichen Fahrzeug – verlangt werden kann. Allerdings sei unter bestimmten Umständen eine angemessene Zuzahlung geboten. Dies sei anzunehmen, wenn das Nachfolgemodell einen erheblichen Mehrwert gegenüber dem ursprünglich erworbenen Fahrzeug aufweise.
Zuzahlung nur bei erheblichem Mehrwert des Nachfolgemodells
Im Weiteren konkretisiert der BGH die genauen Bedingungen und Maßgaben dieser Zuzahlung des Käufers. So komme eine Zuzahlung nur dann in Betracht, wenn der Listenpreis des ursprünglichen Fahrzeugs verglichen zum Nachfolgemodell um ein Viertel oder mehr angestiegen sei. Diesbezüglich treffe die Darlegungs- und Beweislast den Verkäufer. Danach obliegt es dem Verkäufer, eine entsprechende Preisdifferenz substantiiert darzulegen und ggf. zu beweisen. Ferner müsse der Käufer auch nicht die vollständige Preisdifferenz aufbringen, sondern nur ein Drittel (in Ausnahmefällen bis zur Hälfte).
Verweigerungsrecht: Nur wenn keine Folgeschäden durch Update
Der BGH befasst sich zudem mit der Einrede der Unverhältnismäßigkeit, die – trotz der oben genannten Ausführungen – hier geprüft werden müsse. Danach könne die verlangte Neulieferung nur dann verweigert werden, wenn das Software-Update die unzulässige Abschalteinrichtung vollständig, nachhaltig und fachgerecht beseitige. Dies sei abzulehnen, wenn das Software-Update zu Folgeschäden – wie etwa der vom Käufer vorgetragene Leistungsverlust oder höhere Kraftstoffverbrauch – führe.
Beweislast trifft Verkäufer
Hierzu unterliege die Fahrzeughändlerin der Darlegungs- und Beweispflicht, was nach Ansicht des BGH das Berufungsgericht verkannt habe. Da die Fahrzeughändlerin sich auf die Einrede berufe, obliege ihr auch die Pflicht, die rechtshemmenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen. Dies sei sachgerecht, denn der Käufer kann mangels Sachkunde und hinreichenden Einblicks in die Funktionsweise des Software-Updates keine genaue Kenntnis von den Auswirkungen haben. Es sei die Aufgabe der Fahrzeughändlerin, die vom Käufer hinreichend konkrete Darlegung der Folgeschäden auszuräumen.