RICHARD BOORBERG VERLAG

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12.09.2019

  

»Wenn einer eine Reise tut …« Neue Rechtsprechung zum Reiserecht

  

Das Landgericht Frankfurt am Main verfügt bereits seit vielen Jahren über eine auf das Reiserecht spezialisierte Kammer. In jüngerer Zeit hat dieser Spruchkörper einige neue Urteile in Reisesachen veröffentlicht.

Die beim Landgericht Frankfurt am Main bestehende, auf Reiserecht spezialisierte Kammer hat kürzlich mehrere aktuelle Entscheidungen zu reiserechtlichen Streitigkeiten veröffentlicht. Einige hiervon sollen nachstehend kurz dargestellt werden.

Baulärm in Beach- und Golfhotel in Florida

Eine Reisegruppe hatte einen 15-tägigen Hotelaufenthalt in einem Beach- und Golfclub in Florida gebucht. Vor den vier Zimmern der Reisegruppe befand sich in einem Abstand von rund 15 m Luftlinie eine Großbaustelle. Dort wurden Baufahrzeuge und Baumaschinen eingesetzt (Bagger, Raupen, Presslufthämmer und Kipplader). Jeweils an allen sechs Werktagen begannen die Arbeiten ab 6:30 Uhr und endete nicht vor 22:00 Uhr. Der Reiseveranstalter hatte vor Beginn der Reise nicht auf die Existenz dieser Baustelle hingewiesen.

Das Landgericht Frankfurt am Main1 sprach den Reisenden für die betroffenen Tage wegen des Baulärms eine Minderung von 50 % des Reisepreises zu. Darüber hinaus bejahte das Gericht eine Minderung von 10 %, weil der Reiseveranstalter die Urlauber nicht über die Großbaustelle informiert hatte. Denn wegen Verletzung dieser Informationspflicht hätten die Reisenden nicht entscheiden können, ob sie unter den gegebenen Umständen gleichwohl die Reise antreten wollten.

Schließlich erhielten die Reisenden eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, da aufgrund des massiven Baulärms die Reise und der Reiseerholungswert erheblich beeinträchtigt gewesen waren.

Wasserflugzeuge vor Strandvilla auf den Malediven

Eine Familie hatte eine Pauschalreise auf die Malediven in einem 5-Sterne-Luxushotel gebucht. Die Gäste wurden zur Hotelanlage mit Wasserflugzeugen befördert, die zwischen 6:00 Uhr und 18:00 Uhr vor der Strandvilla der Familie starteten und landeten. Der betreffende Strandabschnitt konnte daher nicht zum Baden und Verweilen genutzt werden. Auch das WLAN funktionierte nur sehr eingeschränkt, endete nach wenigen Minuten, E-Mails konnten nicht heruntergeladen und Internetseiten nicht aufgebaut werden.

Das Landgericht Frankfurt am Main2 befand, dass der Lärm durch die Wasserflugzeuge eine Minderung des Reisepreises von 50 % begründete. Die Reisenden bräuchten nicht damit zu rechnen, dass durch die Erreichbarkeit der Hotelanlage mit Wasserflugzeugen ein solcher Lärm verursacht würde, der eine Erholung quasi unmöglich mache und ihr Strandabschnitt nicht benutzbar sei.

Für die eingeschränkte WLAN-Nutzung erhielten die Teilnehmer eine weitere Minderung von 15 % des Reisepreises. Bei einer besonders hochwertigen Hotelkategorie – wie hier – könne der Reisende erwarten, überall innerhalb der Anlage zumindest typischen Internetaktivitäten nachgehen zu können, also E-Mail-Zugang, Aufruf von Internetseiten oder Nutzung von Messengerdiensten.

Junior-Suite ohne getrennten Schlafraum

Ein Mann buchte einen Strandurlaub in einer Junior-Suite in einem Hotel. Aus dem Reiseprospekt ergab sich nicht, ob die Suite über separate Wohnungen und Schlafräume verfügte. Allerdings äußerte der Vater gegenüber dem Reisebüro, dass er eine Trennung dieser Zimmer wünsche.

Nach Auffassung des Landgerichts3 handelte es sich hierbei um einen Sonderwunsch des Reisenden. Gehe die Reisebestätigung auf diesen Sonderwunsch nicht ein, gelte dieser als vom Reiseveranstalter angenommen. Könnten solche Sonderwünsche nicht erfüllt werden, so müsse der Reiseveranstalter hierauf gesondert hinweisen.

Da die Junior-Suite des Hotels nicht über den vereinbarten Sonderwunsch eines getrennten Schlafzimmers verfügte, lag ein Reisemangel vor, der eine Minderung des Reisepreises um 15 % rechtfertigte.

Kabine auf Kreuzfahrtschiff

Eine Frau hatte auf einem Kreuzfahrtschiff für sich und ihre Begleitung die höchste Kabinenkategorie, nämlich »Außenkabine Superior«, gebucht. Nach den Angaben des Reiseveranstalters sollte die Kabine einen »malerischen Meerblick« haben.

Die Reisende bemängelte anschließend, dass Mitreisende auf dem Schiff vor dem Kabinenfenster ständig das Sichtfeld kreuzten. Das Landgericht Frankfurt am Main4 erkannte in diesem Sachverhalt keinen Reisemangel.

Der Frau habe klar sein müssen, dass sich auf dem Schiff andere Gäste und Personen befänden, die sich außerhalb ihrer Kabinen aufhielten und daher teilweise das Fenster der Frau passierten.

Hinweis: Die gebuchte Reise war jedoch aus einem anderen Grund mangelhaft: Die Frau konnte ein Bett in der Kabine nur erreichen, wenn sie das andere Bett durchquerte, also gleichsam über das Bett des Mitreisenden gestiegen war. Das Gericht entschied, dass die mangelhafte Anordnung der Betten eine Minderung des Reisepreises um 5 % rechtfertige.

 

1 Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.05.2019 – 2-24 O 106/17

2 Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 22.05.2019 – 2-24 O 149/18

3 Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 03.04.2019 – 2-24 S 160/18

4 Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 19.06.2019 – 2-24 O 20/19

Klaus Krohn