RICHARD BOORBERG VERLAG

×

17.04.2020

Zwischenvermietung im Veräußerungsjahr

Einkommensteuer

Muss der Steuerpflichtige den Veräußerungsgewinn aus einem Immobilienverkauf nicht versteuern, wenn er die zuvor eigengenutzte Wohnung im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet?

Der Steuerpflichtige S erwarb 2006 eine Eigentumswohnung, die er bis einschließlich April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken nutzte und am 17.12.2014 wieder veräußerte. Im Zeitraum von Mai 2014 – seinem Auszug – bis zur Veräußerung im Dezember 2014 vermietete S die Wohnung an Dritte. Das Finanzamt ermittelte im Einkommensteuerbescheid für 2014 einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn: Die Ausnahmeregelung könne nicht greifen, weil unmittelbar vor der Veräußerung der Eigentumswohnung weder eine Eigennutzung durch S stattgefunden noch ein Leerstand als Eigennutzungsäquivalent vorgelegen habe. Dass eine Zwischennutzung durch Vermietung im Jahr der Veräußerung unschädlich sei, widerspreche dem Leitmotiv der gesetzlich geregelten und einheitlich zu betrachtenden Ausnahmetatbestände. Lediglich ein Leerstand – als Verlängerung der Eigennutzung – könne insoweit als unschädlich angesehen werden, nicht jedoch eine Nutzung zu Vermietungszwecken. S war dagegen der Ansicht, er habe den Tatbestand des Veräußerungsgewinns nicht erfüllt, da er das maßgebliche Wirtschaftsgut – die Eigentumswohnung – im Jahr der Veräußerung bis einschließlich des Monats April und in den beiden vorangegangenen Jahren vollständig zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe. Die Vermietung in den Monaten Mai bis Dezember 2014 sei unschädlich. Der Ausnahmetatbestand verlange nicht, dass die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung während des gesamten Kalenderjahres vorgelegen haben müsse. Verkaufe der Steuerpflichtige eine Immobilie, die er vor weniger als zehn Jahren entgeltlich erworben und seitdem zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat, müsse er den Veräußerungsgewinn auch dann nicht versteuern, wenn er die Wohnung im Jahr der Veräußerung kurzzeitig vermietet hatte. Ein steuerbares Veräußerungsgeschäft liege nicht vor. Da S die Wohnung in den Jahren 2012 und 2013 sowie im Zeitraum von Januar bis einschließlich April 2014 durchgehend zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe, seien die Voraussetzungen für die Anwendung der Ausnahmevorschrift erfüllt. Die Zwischenvermietung von Mai 2014 bis Dezember 2014 sei unschädlich. S bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

Quelle:
BFH-Urteil vom 3.9.2018, Az. IX R 10/19